Die Völkerrechts-Verächter

Die Tagesschau liefert die propagandistische Begleitmusik
zur rechtswidrigen deutschen Venezuela-Politik

Von Volker Bräutigam, Friedhelm Klinkhammer

Rubikon – 5. März 2019

Brennende LKW auf kolumbianischer Seite beim
                    Versuch der USA und Guaidós, die Einführung
                    "humanitärer Hilfe" nach Venezuela zu
                    erzwingen. ARD-o-Ton: "Hilfsmittel brennen, es
                    gibt Tote, das heißt, wir haben jetzt einen
                    legitimen Grund, um weitere Sanktionen einzuführen
                    oder vielleicht sogar eine militärische
                    Intervention..."

Brennende LKW auf kolumbianischer Seite beim Versuch der USA und Guaidós, die Einführung „humanitärer Hilfe“ nach Venezuela zu erzwingen. ARD-o-Ton: „Hilfsmittel brennen, es gibt Tote, das heißt, wir haben jetzt einen legitimen Grund, um weitere Sanktionen einzuführen oder vielleicht sogar eine militärische Intervention…“

Quelle: albaciudad

Deutsche Politik im Bezug auf Venezuela und das Völkerrecht — gibt es da nichts Problematisches, nichts Anstößiges? Nichts von nachrichtlichem Wert? Sind ein Bruch mit der UN-Charta und grundgesetzwidrige Politik kein Thema für die Tagesschau? Die Bundesregierung hat wie zahlreiche andere Staaten einen „selbsternannten Übergangspräsidenten“ Venezuelas, Juan Guaidó, als amtierenden Staatschef anerkannt. Dieser Treppenwitz der Weltgeschichte sei „völkerrechtlich ein Novum“ gewesen, stellt die Initiative Nachrichtenaufklärung zurückhaltend fest und unterstreicht zugleich das Versagen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, speziell der Tagesschau: Die juristische Problematik der deutschen Venezuela-Politik sei vollkommen außer Betracht geblieben.

Regelmäßig macht die Initiative Nachrichtenaufklärung e.V. (INA), die Öffentlichkeit auf Themen und Nachrichten aufmerksam, die von den deutschen Massenmedien vernachlässigt werden. Vorschläge dazu werden an mehreren Hochschulen in Deutschland geprüft. Die Jury der INA beurteilt anschließend die Relevanz der Themen und wählt daraus die „Top Ten der vernachlässigten Nachrichten“ aus. Ihre neueste Liste stellte jetzt der Deutschlandfunk vor.

Der Sender erwähnt an erster Stelle das Freihandelsabkommen der EU mit Japan, JAFTA; an Position zwei folgt die umfangreiche Sammelei personenbezogener Daten von Fluggästen, die in der EU unterwegs sind. Die Nr. 3 erwähnte der regierungsfromme Deutschlandfunk bezeichnenderweise aber nicht mehr: Die ignorante Weigerung der Massenmedien, sich den Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Venezuela-Politik zu widmen. Darauf wies nur der „Tagesspiegel“ hin.

Während die Ereignisse in Lateinamerika auf breites Interesse der deutschen Bevölkerung stoßen, haben unsere Massenmedien über die staatsrechtlichen Zusammenhänge und Probleme faktisch nichts oder nur irreführend und tendenziös berichtet. Die Tagesschau hatte im Rahmen der medialen Desinformationskampagne Vorreiterfunktion. Zweimal gutachteten die Juristen der Wissenschaftlichen Dienste des deutschen Bundestags, dass die vorschnelle formelle Anerkennung Guaidós „völkerrechtlich bedenklich“ sei, eine höflich-vorsichtige Umschreibung für mutmaßliche Rechtswidrigkeit. Die Tagesschau interessierte das nicht, diese Information tauchte lediglich in ihrem Internet-Format auf. In einer Nische, Rubrik: Inland.

Der Grund für die marginale Behandlung des Skandals: Chefredakteur Dr. Gniffke lässt seine Qualitätsjournaille der Bundesregierung nicht lästig werden. Die Expertisen des Wissenschaftlichen Dienstes erlauben den Schluss, dass Bundeskanzlerin Merkel und Heiko Maas, der größte Außenminister aller Zeiten, mit der Guaidó-Anerkennung auf internationalem Parkett einen Grand Pas de deux in Rechtsbeugung aufführten.

In den Fernsehnachrichten für die deutschen Wohnzimmer wurde die Problematik sorgfältig ausgespart. Dort klangen die Ansagen über Guaidó nur wie der aggressive Stil von Regierungserklärungen, Bürgerkriegsgefahr in Venezuela hin oder her. Zur agitatorischen Falschinformation der Tagesschau gehört der von ihr vermittelte Eindruck, die politische Entwicklung und die humanitäre Krise in Venezuela seien Auswirkungen einer demokratisch nicht legitimierten Amtsführung des Präsidenten Maduro. Dem Mann werden, wenn nicht wortwörtlich, so doch indirekt, autokratische Vorgehensweisen unterstellt. Das ist Tagesschau-Nachrichtenfälschung und Irreführung im großen Stil.

Die ARD-aktuell-Redaktion hätte berichten müssen, dass Maduro legal und in einer von den UN überwachten, sauberen Wahl mit Zwei-Drittel-Mehrheit im Amt bestätigt ist. Sie hätten unmissverständlich anmerken müssen, dass es völkerrechtlich indiskutabel ist, ihm, wie geschehen, die Legalität seiner Amtsausübung abzusprechen. Zu seiner Mehrheit war er gelangt, weil die zerstrittenen Oppositionsparteien sich nicht auf einen Gegenkandidaten verständigen konnten und die Wahl lieber „boykottiert“ hatten. Der Boykott machte die Wahl aber nicht illegal.

ARD-aktuell hätte darüber informieren müssen, dass die Opposition bei der nachfolgenden Parlamentswahl zwar eine Drei-Viertel-Mehrheit erreichte, sie aber nicht zu legislativer Arbeit nutzte, sondern zu einer Serie verfassungswidriger Vorstöße, so dass schließlich das Oberste Gericht Venezuelas – nicht Maduro! – es für notwendig hielt, diese Volksvertretung aufzulösen. Die Ironie des legalen Prozedere ist, dass Maduro daraufhin ersatzweise eine Nationalversammlung einberief, in der sich sein Gegner Guaidó profilieren konnte …

Als Guaidó, zwar in die Nationalversammlung gewählt, aber durch nichts fürs Amt des Staatschefs legitimiert1, sich selbst zum Präsidenten Venezuelas erklärte, war das nach allgemein üblichem Rechtsverständnis – und nach venezolanischem wie auch nach deutschem Recht – Hochverrat. Als er die Armee zur Meuterei und zum Sturz der Regierung Maduro aufforderte, war das ein weiterer Akt des Hochverrats. Als er sich in den USA und mit den Geheimdienstlern anderer lateinamerikanischer Staaten über eventuelle militärische Interventionen vom Ausland her verständigte, war das Landesverrat.

Guaidó krönte schließlich seine politkriminelle Karriere mit der Selbsternennung zum „Übergangspräsidenten“, der die USA, Kanada sowie die rechtskonservativ bis autoritär regierten Staaten der Lima-Gruppe zur Invasion Venezuelas einlud und von Kolumbien her gewaltsame Massendemonstrationen und Grenzverletzungen organisierte.

Wer sich solcher Straftaten schuldig macht, landet in zivilisierten Ländern ganz legal und sofort hinter Gittern. Maduro aber gestand seinem Gegner bisher Immunität als Parlamentarier zu. Entspricht das dem Vorgehen eines diktatorischen Machtmenschen? Doch über so Grundsätzliches informierte ARD-aktuell mit keinem Wort.

Die Tagesschau berichtete zwar breit über das Treffen Guaidós mit US-Vizepräsident Pence und der Lima-Gruppe. Dabei erwähnte sie aber nicht, dass die 14 Staaten der Lima-Gruppe keine Mehrheit in der 34 Mitglieder zählenden Organisation Amerikanischer Staaten, OAS, darstellen, sondern deren rechtslastiger Flügel sind. Die OAS hat hingegen Interventionen in Venezuela mehrheitlich abgelehnt. Die Tagesschau berichtete nicht, dass das mit weitem Abstand bevölkerungsreichste Land Südamerikas, nämlich Brasilien, sich ausdrücklich gegen jede Einmischung der USA in Venezuela aussprach:

„Die Position Brasiliens ist ein Kontrapunkt gegen eine eventuelle Aktion der USA zur Verteidigung einer Intervention in Venezuela. Brasilien hat kein Interesse an einem bewaffneten Konflikt in einem Nachbarland“2.

Das passte eben nicht in den transatlantischen Propagandakram der ARD-aktuell. Erst recht nicht eine Aussage dazu, dass die Bundesregierung, indem sie einem politischen Hochstapler und selbsternannten Präsidenten formelle Anerkennung zollte, nicht nur Ignoranz gegenüber dem Völkerrecht bewies, sondern auch grundgesetzwidrige Politik macht:

Artikel 25 – Völkerrecht:

„Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes“.

Auch wenn die USA und die Schar der ihr hörigen Vasallen, EU-Staaten inklusive, den „Übergangspräsidenten“ Guaidó, den Typ Ladenschwengel, offiziell „anerkennen“, so ist der Mann für die UNO doch nach wie vor ein Niemand. Weder in der UN-Vollversammlung noch gar im Weltsicherheitsrat dürfte er Platz nehmen. In seiner beengten Rolle als Staatsfunker sieht Chefredakteur Dr. Kay Gniffke für sich und sein Qualitätsjournalistenteam aber offenbar keine Möglichkeit, von der konformistischen Regierungslinie abzuweichen: Guaidó ist auf Tagesschau-Deutsch „Übergangspräsident“, wenn auch zumeist noch mit dem Beiwort „selbsternannt“. Eine Lachnummer, in jeder Hinsicht, auch der journalistischen.

Völkerrechtsbruch? Gibt es nur bei den anderen. Vor allem bei den Russen. Die Bundesregierung ist immer sauber. Sauberer geht gar nicht. Auf die Berliner Demokratiedarsteller lassen die Gniffkes unserer Tage nichts kommen.

Die feindselige ARD-aktuell-Propaganda gegen die sozialistischen Regierungen Venezuelas hat eine lange Geschichte, wie ein Journalist des Internet-Portals Amerika21 in einem Brief an die Chefredaktion beklagt:

„Wenn ich es kurz zusammenfassen müsste, würde ich sagen, dass die ARD-Berichterstattung einen extremen Oppositions-Bias aufweist und der von der Opposition verbreitete Diktatur-Frame unkritisch und ungeprüft reproduziert wird. … Anders als bei den privaten Medien gehört der Schutz partikularer Interessen, etwa von privilegierten Bevölkerungsgruppen und privaten Unternehmern, nicht ausdrücklich zur redaktionellen Grundlinie. Ebenso wenig sind Sie darauf angewiesen, die Auslandsberichterstattung ausschließlich mit Kriegen, Krisen und Katastrophen zu bestreiten. Für die Zuschauer besteht bei Ihnen gewissermaßen ein Anspruch auf eine ausgeglichene Berichterstattung…“.

Natürlich erzielte dieses Schreiben bei Gniffke keine Wirkung, es landete wie so viele andere im Papierkorb. Die Tagesschau-Berichterstattung blieb unverändert einseitig. Hinsichtlich des aktuellen Konflikts erreichte sie einen neuen Tiefpunkt: Sie versucht, dem deutschen Zuschauer weiszumachen, in Venezuela finde ein „Machtkampf“ zwischen der US-Marionette Guaidó und dem gewählten Präsidenten Maduro statt. Das überhöht Guaidós Position und Möglichkeiten ins Maßlose. Das Stichwort „Machtkampf“ fehlt trotzdem in den meisten Ansagetexten nicht und ziert regelmäßig die Hintergrund-Illustrationen zur Venezuela-Berichterstattung. Selbst jetzt noch, obwohl inzwischen jeder Klippschüler sehen kann, dass sich der „Übergangspräsident“ als grandioser Flop erwiesen hat.

Grundsätzlich unerwähnt bleibt in der Tagesschau, dass Quisling Guaidó nur Washingtons Ziel dient, wieder räuberischen Zugriff auf die Ölvorkommen Venezuelas zu bekommen. Es fehlt jeder Hinweis auf den Hintergrund der feindseligen Politik Washingtons: Die USA hielten Venezuela bis 1999 praktisch in kolonialer Abhängigkeit, und US-Konzerne hatten ungehinderten Zugriff auf das Öl des Landes – bis Hugo Chávez Präsident wurde, sie aushebelte und die Ölförderung verstaatlichte. Sein unverzeihlicher „Fehler“: Die Erlöse aus dem Ölgeschäft nutzte er zur Versorgung und Bildung seiner Landsleute. Typisch Sozialist!

Seit jenen Tagen versuchen die US-Regierungen beider Couleur, Republikaner ebenso wie Demokraten, die sozialistische Bewegung Venezuelas zu bezwingen und ihre Regierungen zu stürzen. Erstmals gewaltsam schon im Jahr 2002, und danach immer wieder. Das Instrumentarium: Schwerwiegende Wirtschaftssanktionen, Putschversuche, Finanzierung und Steuerung gewaltbereiter Oppositionsparteien der Wohlhabenden und Besserverdiener, Sabotageakte, Attentate.

Auch davon kein Wort in der Tagesschau: Der langjährige Sonderberichterstatter des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen, Alfred de Zayas, hat erst vor wenigen Tagen empfohlen, der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag solle die Wirtschaftssanktionen der USA gegen Venezuela als mögliches Verbrechen gegen die Menschlichkeit untersuchen. Solche bedeutenden Hinweise unterschlägt die ARD-aktuell gewohnheitsmäßig und routiniert.

In den vergangenen fünf Jahren haben die US-Sanktionen Venezuela von den meisten Finanzmärkten abgeschnitten. Das bewirkte erhebliche Rückschläge in Ölproduktion und -verkauf. Der globale Ölpreisverfall besorgte den Rest. Venezuelas Bürger erlitten den schlimmsten jemals registrierten Rückgang des Lebensstandards aller Länder Lateinamerikas. Auf diese Sachlage hebt die Tagesschau-Berichterstattung kritisch ab, nicht aber auf die objektiven Ursachen – und schon gar nicht zeigt sie auf den Verursacher: den schändlichen Erpresser und Hegemon USA. Die unstreitige Völkerrechtswidrigkeit der von Washington verfügten Sanktionen war einfach kein Thema für die Hamburger Qualitätsjournalisten. Die legen größten Wert auf den strammen Sitz ihrer Scheuklappen.

Die Mainstream-Medien rechnen den wirtschaftlichen Verfall Venezuelas nicht der imperialistischen Politik der USA zu, sondern kreiden sie der Regierung Maduro an. Auch die ARD-aktuell betreibt diese Hetze und steigert von Deutschland her die internationale Aufmerksamkeit für die Protestbewegung der angeblich „hungernden Bevölkerung“ – wiewohl die meisten Fernsehbilder zeigen, dass es gutgenährte Mittelschichtler sind, die da auf den Straßen der Hauptstadt Caracas krakeelen. Aber was schert deutsche Staatsfunker die Objektivität oder gar die Armut der indigenen Venezolaner, wenn es gilt, die Ideale der Westlichen Werte Gemeinschaft, WWG, ins rechte Bild zu setzen?

Typischer ARD-aktuell o-Ton:

„… Hilfsmittel brennen, es gibt Tote, das heißt, wir haben jetzt einen legitimen Grund, um weitere Sanktionen einzuführen oder vielleicht sogar eine militärische Intervention .. man kann den USA berechtigt unterstellen, dass sie tatsächlich helfen wollen, die Not in Venezuela ist groß, die Menschen leiden Hunger… Auf der anderen Seite ist es ebenso richtig zu sagen, dass die USA eigene wirtschaftliche Interessen haben in Venezuela, es ist ein ölreiches Land, es gibt schon lange Öl- beziehungsweise Wirtschaftsbeziehungen mit Venezuela. Und der US-Sicherheitsberater John Bolton hat es gesagt, dass es natürlich für die USA interessant wäre, jetzt diese Wirtschaftsbeziehungen zu vertiefen mit einer neuen Regierung Guaidó, also insofern ist es hier auf der einen Seite der Wunsch der USA jetzt zu helfen, dem kann man glauben, aber auf der anderen Seite stehen auch massive Wirtschaftsinteressen dahinter …“.

Solch dümmliches, realitätsfernes und verfälschendes Gestammel in miesem Deutsch darf sich eine veritable ARD-Studioleiterin (!) tatsächlich erlauben? Und das wird gesendet? Das macht auch abgehärtete Zeitgenossen fassungslos. Xenia Böttcher betreibt blütenreine AgitProp im Rahmen einer Tagesschau-Sendung. Sie bewegt sich genau im „Frame“ der Bundesregierung: Die USA wollen doch nur helfen, helfen, helfen, aber der böse „Machthaber“ Maduro lehnt die Hilfe ab, zum Schaden seiner hungernden Bürger. Eigeninteresse der USA? Freilich, schon, schon, ein kleines bisschen Eigeninteresse ist zwar dabei, aber, aber, aber hauptsächlich dient doch alles der Wiederbelebung der Wirtschaft Venezuelas … Die ARD-Korrespondentin scheut sich nicht einmal, einem Kriegseinsatz das Wort zu reden.

Beweislos rechnet Xenia Böttcher der Maduro-Regierung die Gewaltexzesse an der Grenze zu Kolumbien zu. Sie recherchiert nichts, sie hinterfragt nichts; Filmbelege und Zeugenaussagen, die ihrer vorgefassten Meinung entgegenstehen, ignoriert sie. Sie nimmt ungeniert in Kauf – der Platzhirsch ARD hat die Deutungshoheit, es besteht keine Gefahr –, dass professionell arbeitende Journalisten ihre Lügengeschichten entlarven.

Ihr Geschwätz über die angeblich hungernden Venezolaner: ein Propaganda-Versatzstück, das in den ARD-aktuell-Darbietungen selten fehlt. Verschwiegen wird hingegen, dass die USA mit ihrer Sanktions- und Embargopolitik gezielt die medizinische Versorgung der Bevölkerung untergruben. Das, und nicht angebliche Lebensmittelknappheit, war zur tödlichen Gefahr geworden. Washington hatte den Venezolanern ein ähnliches Schicksal wie den Jemeniten zugedacht: Sollten sie doch krepieren. Es nimmt nicht Wunder, dass ARD-aktuell Informationen darüber unterschlug, dass Russland helfend einsprang und jetzt mit der Lieferung von hunderten Tonnen Medikamenten zumindest die Grundversorgung wiederherzustellen sucht.

Trump, Bolton, Pompeo, Merkel, Maas und Konsorten wäre es anscheinend lieber gewesen, die Russen hätten die Venezolaner siechen lassen, denn das war der Zweck der Washingtoner Sanktionen. Die Inhumanität und Amoralität dieser Politikerbande kondensiert in einem Satz, den Donald Trump kurz nach seinem Amtsantritt im Jahr 2017 über Venezuela fallen ließ:

„Das ist das Land, gegen das wir in den Krieg ziehen sollten. Sie haben alles Öl und sind direkt an unserer Hintertür“.

Auch John Boltons optisch hervorgehobene Ankündigung einer militärischen Intervention, eines völkerrechtswdrigen Überfallkrieges gegen Venezuela, fand keine Erwähnung seitens Dr. Gniffkes Qualitätsjournaille. Trumps nationaler Sicherheitsberater hatte gut sichtbar auf einem mitgeführten Schreibblock notiert: „5.000 Soldaten nach Kolumbien.“ Mit dieser Kriegsansage war er in eine Pressekonferenz gegangen. Drohende Bolton-Adresse an Maduro während eines Rundfunkinterviews:

„Gestern habe ich getwittert, dass ich Ihnen einen langen und ruhigen Rückzugsort an einem schönen Strand weit weg von Venezuela wünsche. Und je früher Sie diese Gelegenheit nutzen, desto wahrscheinlicher ist es, dass Sie einen schönen, ruhigen Rückzugsort an einem schönen Strand anstelle eines anderen Küstenstrichs wie Guantánamo haben werden“ (19).

Solche menschenfeindlichen Bösartigkeiten, obwohl weltbewegend, übergeht die Tagesschau großmütig. Schweigen bei der ARD-aktuell auch, als US-Senator Marco Rubio am 24. Februar 2019 einen widerwärtigen Tweet veröffentlichte, der nur als Morddrohung gegen Venezuelas Präsidenten Nicolas Maduro aufgefasst werden konnte: Der Tweet zeigt ein Foto des libyschen Staatschefs Muammar Gaddafi aus einer Zeit, als er noch im Amt war, sowie – Muster: „vorher / nachher“ – ein weiteres Foto von der verstümmelten Leiche des viehisch grausam ermordeten Libyers, aufgenommen am Ende des US-geführten NATO-Vernichtungskriegs gegen sein Land. Mit der Brutalität und Primitivität führender US-amerikanischer Knallchargen darf die ARD-aktuell ihr deutsches Publikum natürlich nicht beunruhigen. Es könnte die indifferent liebedienerischen transatlantischen Beziehungen unserer in Berlin residierenden Lakaientruppe bloßlegen …

Wie überhaupt der deutsche Fernsehnachrichten-Konsument vor Informationen zu schützen ist, die ihm Rückschlüsse darauf erlauben, wohin die US-hegemoniale Reise geht, und mit wem. Als Beauftragten für die „Wiedereinführung der Demokratie in Venezuela“ – welch ein Hohn auf Realität und menschliche Vernunft steckt allein schon in dieser Nomenklatur – ernannte das Weiße Haus Elliott Abrams: ein Polit-Ganove, der während der Reagan-Administration schlimmste Menschenrechtsverletzungen der USA in El Salvador förderte und rechtfertigte. Er setzte sich auch für Militärhilfe an Diktator Ríos Montt in Guatemala ein. In jener Zeit organisierte er zudem die illegalen Waffenlieferungen der CIA an die Contra-Rebellen in Nicaragua. Ein intriganter Lump. Wegen Falschaussage vor dem Kongresss wurde er zwar verurteilt, aber schon kurz darauf begnadigt.

Was die Berufung dieser üblen Figur ins Amt eines Venezuela-Demokratiebeauftragten der USA über das Weiße Haus aussagt, verschleierte ARD-aktuell mit der pseudo-ironischen Phrase

„Auch die Berufung von Elliott Abrams als Sondergesandter erinnert an alte Zeiten“.

Das Trio Bolton, Adams und US-Außenminister Mike Pompeo hat die Unterwerfung Venezuelas, vulgo: „Demokratisierung“ im Auftragsbuch. Vertragsbrüchige, kriminelle Lügner und Kriegshetzer sollen den Venezolanern Freiheit und Wohlstand bringen – und der Qualitätsjournaille in der ARD-aktuell fällt zu all den Ungeheuerlichkeiten nur dümmlich Nichtssagendes ein. Ein beruflicher Offenbarungseid. Nicht der erste – und sicher nicht der letzte.

Der Beitrag erschien am 5. März 2019 bei Rubikon

  • 1. Guaidó stützt sich auf eine Übergangsregelung in der venezolanischen Verfassung, die juristische Fachwelt hält sein Konstrukt nicht für tragfähig
  • 2. Stellungnahme des brasilianischen Vize-Präsidenten, General Mourão, Brasil247, 25.2.19

Quelle: Rubikon