Kündigung des INF-Vertrages durch die USA – Die Geschichte wiederholt sich

Wieder einmal haben die USA einen Vertrag aufgekündigt um einem geostrategischen Ziel näherzukommen, der Bedrohung, Schwächung und schließlich Beherrschung des eurasischen Kontinents. Das Drehbuch dazu hat Zbigniew Brzezinski 1997 in seinem Buch „The Grand Chessboard“ geschrieben, das auch auf Deutsch unter dem Titel „Die einzige Weltmacht“ erhältlich ist.

Wer das für „Verschwörungstheorie“ hält, der sollte dieses Buch lesen und zur Kenntnis nehmen, wer Brzezinski war. Und der sollte schließlich die außenpolitischen Entscheidungen und Verhaltensweisen der US-Regierungen auf ihre Konsistenz mit diesem Drehbuch überprüfen.

Und wer soweit vorgedrungen ist, dem wird klar werden, dass auch diese Aufkündigung eines Vertrages, der die Rüstungsbegrenzung zum Ziel haben sollte, selbst ein Akt der Aufrüstung ist, der sich nahtlos in dieses Drehbuch einfügt.

In der US-gesteuerten Mainstreampresse wird aus der Kündigung des Abkommens und der heftigen Reaktion Russlands und dem Ankündigen der Entwicklung neuer Waffen in der Bevölkerung eine wischi-waschi-Meinung generiert, dass natürlich beide irgendwie Schuld sind, wie bei zwei streitenden Kindern, von denen jedes behauptet, das andere haben mit dem Streit angefangen.

Worum es wirklich geht ist nachfolgend geschildert. Wir danken Hans Christoph Guth für seine Recherche:

Die derzeitigen Entwicklungen*) lassen sich so zusammenfassen:

  • sämtliche durch Abrüstungsabkommen bislang freigehaltenen Nischen (die andern erst recht) werden mit Rüstungsvorhaben besetzt (damit alle Eskalationsstufen gewählt werden können). Dabei vermehrt jede zusätzlich besetzte Rüstungs-Stufe vor allem die Angriffskapazität der aufrüstenden Partei.
  • die Grenze zwischen konventionell und nuklear wird dabei (durch die Einsatzmöglichkeit von Gefechtsfeld-Nuklearwaffen mit „niedriger“ Wirkung) planmässig verwischt
  • vorgebliche Abwehrwaffen („Raketenabwehrschirm“, wie Aegis im Baltikum) provozieren Aufstellung auf sie gerichteter Abwehrwaffen (Iskander-Kurzstreckenrakete), die dann als angebliche Offensivwaffen entsprechende Gegenmassnahmen erforderlich machen. Daraus ergeben sich Aufrüstungs-Spiralen.
    Dabei ist zu berücksichtigen,
    a. dass es keine „reinen“ Verteidigungswaffen gibt, sondern von „defensiven“ (Universal)Abschussrampen (MK 41 VLS**)) nicht nur die Raketenabwehr-Raketen, sondern auch Träger (Cruise missiles) für Angriffs- also Erstschlagswaffen gestartet werden können (Umrüstung in wenigen Stunden). Diese Tatsache ist Grund, warum die russische Seite seit langem den INF-Vertrag aufseiten des Westens gebrochen sieht.
    b. dass Raketenabwehr grundsätzlich auch die Zweitschlagsfähigkeit eines Gegners reduziert, und somit Teil des Aufbaus einer Erstschlags-kapazität ist. Genau so wird die Aufstellung der US Raketenabwehr in Polen und Rumänien von Russland interpretiert.
  • angebliche Reichweiten-Steigerungen (der russische Raketen- bzw Lenkwaffentyp, der nach westlicher Darstellung den INF-Vertrag verletzt, SSC-8 Screwdriver (Nato-Bezeichnung)=9M729 (russ.)) werden beantwortet mit Stationierung neuester US Raketenabwehr (THAAD). Hier wird das diplomatische Scheinmänöver des Nato-Doppelbeschlusses wiederholt, mit dem die ohnehin beschlossene Stationierung von Angriffs- und Erstschlagswaffen vor der Öffentlichkeit gerechtfertigt werden sollte.
    Hier ist anzumerken,
    c. dass es für den Fall von Verhandlungen der US Seite darauf ankommt, ihre bekannte Nato-Doppelbeschluss-Strategie auch gegen China zu richten, und die Chinesen in Verhandlungen über Mittelstrecken-Verbote hineinzuziehen. Die chinesische Militärdoktrin hat das Nuklear- und Fernwirk-Potential aber wesentlich in genau diesem Mittelstrecken-Bereich (500-5500km) eingesetzt. Es läuft also auch in diesem Fall auf einen Versuch der Schwächung der chinesischen Zweitschlags-Fähigkeiten hinaus.
    d. Analyriker erwarten, dass die USA die Kündigung des INF-Vertrags nutzen, um THAAD Stellungen, wie sie bereits in Korea aufgebaut wurden, in US Basen va in Deutschland zu installieren, ohne die Öffentlichkeit zu informieren.
    e. Alle Versuche der Russen, durch Inspektionen des fraglichen Raktentyps bzgl Reichweite die Vorwürfe zu entkräften, werden kommentarlos ignoriert. (Wie immer im Fall von Anklagen gg Russen muss der Westen nie irgendwas beweisen. Er hat auch so recht.))
  • Ausdehnung von Rüstungsvorhaben in den Weltraum: Tracking-Sensor-Systeme und (mutmasslich) Laser-Abwehr (Raketen von Satelliten verschiessen hingegen ist technisch eher unwahrscheinlich) als US Gegenmassnahmen gegen die neuen (seit 1.3.2018 öffentlich gemachten) russischen Hyperschallwaffen***). Der Schritt in den Weltraum wird als Defensiv-;Massnahme getarnt, ist aber Ausgangspunkt für mögliche Stationierung von Erstschlagswaffen mit enorm verkürzten Vorwarnzeiten.
  • Die Verkürzung der Vorwarnzeiten zusammen mit der Perfektionierung der Raketenabwehr erhöht generell die Wahrscheinlichkeit einer unbeabsichtigten Kriegsauslösung, vor allem aber auch die Versuchung, einen nuklearen Erstschlag zu führen und den Gegenangriff (mit den verbliebenen Mitteln) des Gegners abzuwehren.

Zu Zeiten des Systemgegensatzes waren Gegner der Friedensbewegung diejenigen, die „lieber tot als rot“ sein wollten. Heute sind es diejenigen, die die Kriegsplanung leugnen, trotz ihrer Offensichtlichkeit – für diejenigen, die die öffentlich verfügbaren Informationen zur Kenntnis nehmen wollen.

*) Quellen:https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/00963402.2019.1555973?src=recsys (incl der in dre rechten Spalte angezeigten Artikel)
sowie die Ankündigungen Trumps im Pentagon zur Vorstellung der Missile Defense Review am 17.01.2019
**) vgl https://viableopposition.blogspot.com/2019/02/the-russian-response-to-washingtons.html
***) https://cluborlov.blogspot.com/2019/02/rip-inf-treaty-russias-victory-americas.html

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