Der russische Präsident Putin hat am Morgen eine weitere Rede an das russische Volk gehalten und die Gründe für Militäroperation in der Ukraine erklärt. Ich habe die Rede übersetzt.
von Anti-Spiegel24. Februar 2022 13:10 Uhr
Bei Streit – und erst recht im Krieg – ist es wichtig, beide Seiten zu hören. Die Medienmacht des Westen verbreitet die westliche mit aller Macht. Dem stelle ich hier die russische Sicht gegenüber, damit jeder Interessierte beide Seiten kennt. Und die russische Sicht wurde von Putin in seiner neuen Rede an die Nation erklärt.
Daher habe ich die neue Rede an die Nation übersetzt und veröffentliche sie ohne weitere Kommentare.
Putins komplette Rede
Liebe Mitbürger Liebe Freunde!
Heute halte ich es erneut für notwendig, auf die tragischen Ereignisse im Donbass und die zentralen Fragen von Russlands Sicherheit zurückzukommen.
Ich möchte mit dem beginnen, was ich in meiner Rede vom 21. Februar dieses Jahres gesagt habe. Ich beziehe mich auf das, was uns besonders beunruhigt und besorgt, die fundamentalen Bedrohungen, die Schritt für Schritt, Jahr für Jahr, von unverantwortlichen Politikern im Westen gegen unser Land gerichtet werden. Ich beziehe mich auf die Ausdehnung des NATO-Blocks nach Osten, auf die Nähe seiner militärischen Infrastruktur zu den Grenzen Russlands.
Es ist bekannt, dass wir seit 30 Jahren hartnäckig und geduldig versuchen, mit den führenden NATO-Ländern eine Einigung über die Grundsätze der gleichen und unteilbaren Sicherheit in Europa zu erzielen. Als Antwort auf unsere Vorschläge sind wir immer wieder entweder auf zynische Täuschungen und Lügen oder auf Druck und Erpressungsversuche gestoßen, während sich das Nordatlantische Bündnis trotz all unserer Proteste und Bedenken immer weiter ausdehnt. Die Kriegsmaschinerie ist in Bewegung und, ich wiederhole das, sie kommt sehr nahe an unsere Grenzen heran.
Warum geschieht das alles? Warum diese arrogante Haltung, von der Position ihrer eigenen Ausschließlichkeit, Unfehlbarkeit und davon, dass man alles tun darf, zu sprechen? Woher kommt diese gefühllose, ablehnende Haltung gegenüber unseren Interessen und absolut berechtigten Forderungen?
Die Antwort ist klar, verständlich und offensichtlich. Die Sowjetunion wurde Ende der 1980er Jahre schwächer und ist dann zusammengebrochen. Der gesamte Verlauf der damaligen Ereignisse ist eine gute Lektion für uns heute; das hat überzeugend gezeigt, dass die Lähmung der Regierung und des Willens der erste Schritt zu völliger Erniedrigung ist. Wir mussten nur eine Zeit lang unsere Selbstsicherheit verlieren, und schon war das Gleichgewicht der Kräfte in der Welt gestört.
Das hat dazu geführt, dass frühere Verträge und Abkommen de facto nicht mehr gelten. Überredungskünste und Bitten halfen nicht. Alles, was dem Hegemon, den Machthabern, nicht passt, wird für archaisch, veraltet und überflüssig erklärt. Und umgekehrt: Alles, was ihnen vorteilhaft erscheint, wird als ultimative Wahrheit dargestellt und um jeden Preis, rüde und mit allen Mitteln durchgesetzt. Andersdenkende werden in die Knie gezwungen.
Ich spreche jetzt nicht nur über Russland und nicht nur über unsere Sorgen. Das betrifft das gesamte System der internationalen Beziehungen und manchmal sogar die US-Verbündeten selbst. Nach dem Zusammenbruch der UdSSR begann faktisch eine Neuverteilung der Welt und die etablierten Normen des internationalen Rechts – die wichtigsten, grundlegenden Normen wurden am Ende des Zweiten Weltkriegs angenommen und festigten weitgehend dessen Ergebnisse – begannen, diejenigen zu behindern, die sich im Kalten Krieg zum Sieger erklärt haben.
Im praktischen Leben, in den internationalen Beziehungen, in den Regeln, die diese Beziehungen regeln, mussten die Veränderungen der Weltlage und der Kräfteverhältnisse selbst natürlich berücksichtigt werden. Das hätte jedoch professionell, reibungslos und geduldig geschehen müssen, unter Berücksichtigung und Respektierung der Interessen aller Länder und im Bewusstsein ihrer Verantwortung. Aber nein, es war ein Zustand der Euphorie aus absoluter Überlegenheit, eine Art moderner Absolutismus, noch dazu vor dem Hintergrund des niedrigen Niveaus der allgemeinen Kultur und der Arroganz derjenigen, die nur für sie selbst vorteilhafte Entscheidungen vorbereitet, angenommen und durchgesetzt haben. Die Situation begann sich auf andere Weise zu entwickeln.
Man braucht nicht weit zu gehen, um Beispiele zu finden. Zuerst wurde die blutige Militäroperation gegen Belgrad durchgeführt, ohne dass der UN-Sicherheitsrat dies genehmigt hätte. Mehrere Wochen andauernde Bombardierungen ziviler Städte und lebenswichtiger Infrastruktur. Ich muss an diese Tatsachen erinnern, weil einige westliche Kollegen sich nicht gerne an diese Ereignisse erinnern, und wenn wir darüber sprechen, ziehen sie es vor, nicht auf die Normen des Völkerrechts zu verweisen, sondern auf die Umstände, die sie nach ihrem Gutdünken interpretieren.
Dann waren der Irak, Libyen und Syrien an der Reihe. Die unrechtmäßige Anwendung militärischer Gewalt gegen Libyen und die Umgehung aller Beschlüsse des UN-Sicherheitsrats zur Libyenfrage führten zur völligen Zerstörung des Staates, schufen eine riesige Brutstätte des internationalen Terrorismus und stürzten das Land in eine humanitäre Katastrophe und einen langen Bürgerkrieg, der noch immer wütet. Die Tragödie, die Hunderttausende, ja Millionen von Menschen nicht nur in Libyen, sondern in der gesamten Region in den Tod riss, führte zu einer Massenflucht aus Nordafrika und dem Nahen Osten nach Europa.
Ein ähnliches Schicksal war für Syrien vorgesehen. Das militärische Vorgehen der westlichen Koalition auf dem Territorium dieses Landes ohne die Zustimmung der syrischen Regierung und ohne die Erlaubnis des UN-Sicherheitsrates ist nichts anderes als eine Aggression, eine Intervention.
Einen besonderen Platz in dieser Reihe nimmt jedoch die Invasion des Irak ein, die natürlich ebenfalls ohne jede Rechtsgrundlage erfolgte. Der Vorwand war, dass die USA angeblich über zuverlässige Informationen über das Vorhandensein von Massenvernichtungswaffen im Irak verfügten. Zum Beweis schüttelte der US-Außenminister vor aller Welt ein Röhrchen mit weißem Pulver und versicherte, dass es sich dabei um die Chemiewaffe handelte, die im Irak entwickelt wurde. Und dann stellte sich heraus, dass das ein Schwindel, ein Bluff war: Es gab keine Chemiewaffen im Irak. das ist unglaublich, erstaunlich, aber es bleibt eine Tatsache. Es gab Lügen auf höchster staatlicher Ebene und von der hohen Tribüne der UNO. Das Ergebnis waren viele Opfer, Zerstörung und die unglaubliche Welle des Terrorismus.
Generell entsteht der Eindruck, dass praktisch überall, in vielen Regionen der Welt, wo der Westen kommt, um seine Ordnung zu etablieren, blutige, nicht heilende Wunden, Wunden des internationalen Terrorismus und Extremismus zurückbleiben. Alles, was ich gesagt habe, sind die ungeheuerlichsten, aber bei weitem nicht die einzigen Beispiele für die Missachtung des Völkerrechts.
Dazu gehören auch die Versprechen unseres Landes, die NATO nicht einen Zoll nach Osten zu erweitern. Ich wiederhole: Sie haben uns betrogen, oder, um es im Volksmund zu sagen, uns einfach abserviert. Ja, man hört oft, dass Politik ein schmutziges Geschäft ist. Vielleicht ist das so, aber doch nicht so schmutzig, doch nicht in diesem Ausmaß. Schließlich verstößt ein solches betrügerisches Verhalten nicht nur gegen die Grundsätze der internationalen Beziehungen, sondern vor allem gegen die allgemein anerkannten Normen der Moral und Ethik. Wo sind hier Gerechtigkeit und Wahrheit? Nichts als Lügen und Heuchelei.
Amerikanische Politiker, Politologen und Journalisten schreiben und sagen übrigens selbst, dass in den USA in den letzten Jahren ein regelrechtes „Lügenimperium“ entstanden ist. Es ist schwer, dem nicht zuzustimmen – es ist so. Aber es gibt keinen Grund, bescheiden zu sein: Die USA sind immer noch ein großes Land, eine systembildende Macht. Seine Trabanten fügen sich nicht nur demütig und gehorsam, singen bei jeder Gelegenheit mit, sondern kopieren auch das Verhalten und akzeptieren begeistert die von ihnen vorgegebenen Regeln. Mit gutem Grund kann man mit Sicherheit sagen, dass der gesamte so genannte westliche Block, der von den USA nach ihrem eigenen Bild und Gleichnis geformt wurde, genauso ein „Lügenimperium“ ist.
Was unser Land betrifft, so haben sie nach dem Zusammenbruch der UdSSR trotz der beispiellosen Offenheit des neuen, modernen Russlands und seiner Bereitschaft zur ehrlichen Zusammenarbeit mit den USA und anderen westlichen Partnern und unter den Bedingungen der tatsächlich einseitigen Abrüstung sofort versucht, uns zu Fall zu bringen, uns zu erledigen und endgültig zu vernichten. Genau das geschah in den 90er und frühen 2000er Jahren, als der so genannte kollektive Westen den Separatismus und die Söldnerbanden in Südrussland aktiv unterstützte. Welche Opfer und Verluste hat uns das gekostet, welche Opfer haben wir auf uns nehmen müssen, bis wir dem internationalen Terrorismus im Kaukasus endlich das Handwerk gelegt haben. Wir erinnern uns daran und werden es nie vergessen.
In der Tat haben die Versuche, uns für ihre Interessen zu benutzen, unsere traditionellen Werte zu zerstören und uns ihre Pseudowerte aufzuzwingen, die uns, unser Volk, von innen her zersetzen würden, nicht aufgehört, jene Haltungen, die sie bereits aggressiv in ihren Ländern durchsetzen und die direkt zu Degradierung und Entartung führen, da sie gegen die menschliche Natur selbst gerichtet sind. Das wird nicht passieren, das hat noch nie jemanden geschafft. Auch jetzt wird es nicht gelingen.
Trotz allem haben wir im Dezember 2021 erneut versucht, mit den USA und ihren Verbündeten eine Einigung über die Sicherheitsgrundsätze in Europa und über die Nichterweiterung der NATO zu erzielen. Alles umsonst. Der Standpunkt der USA hat sich nicht geändert. Sie halten eine Einigung mit Russland in dieser für uns wichtigen Frage nicht für notwendig, sie verfolgen ihre eigenen Ziele und setzen sich über unsere Interessen hinweg.
Und natürlich stellt sich in dieser Situation die Frage: Was ist als nächstes zu tun, was ist zu erwarten? Wir wissen aus der Geschichte, dass die Sowjetunion 1940 und Anfang 1941 alles getan hat, um den Ausbruch des Krieges zu verhindern oder zumindest zu verzögern. Dazu gehört auch, dass man buchstäblich bis zur letzten Minute versucht, den potenziellen Angreifer nicht zu provozieren, indem man die notwendigsten und naheliegendsten Schritte zur Vorbereitung auf die Abwehr des unvermeidlichen Angriffs nicht durchgeführt oder aufgeschoben hat. Und die Schritte, die schließlich unternommen wurden, waren katastrophal verspätet.
Infolgedessen war das Land auf den Einmarsch Nazi-Deutschlands, das am 22. Juni 1941 ohne Kriegserklärung unser Land angriff, nicht vollständig vorbereitet. Der Feind konnte gestoppt und dann vernichtet werden, allerdings zu einem kolossalen Preis. Der Versuch, dem Aggressor am Vorabend des Großen Vaterländischen Krieges zu gefallen, war ein Fehler, der unser Volk teuer zu stehen kam. In den ersten Monaten der Kämpfe haben wir große, strategisch wichtige Gebiete und Millionen von Menschen verloren. Wir werden einen solchen Fehler nicht ein zweites Mal machen, dazu haben wir kein Recht.
Diejenigen, die nach der Weltherrschaft streben, erklären uns, Russland, öffentlich, ungestraft und – ich betone – ohne jede Rechtfertigung zu ihrem Feind. Sie verfügen heute in der Tat über große finanzielle, wissenschaftliche, technologische und militärische Fähigkeiten. Wir sind uns dessen bewusst und bewerten die Drohungen objektiv, die ständig an unsere Adresse im Bereich der Wirtschaft ertönen, ebenso wie unsere Fähigkeit, dieser unverschämten und permanenten Erpressung zu widerstehen. Ich wiederhole, wir bewerten sie ohne Illusionen, sehr realistisch.
Im militärischen Bereich ist das moderne Russland auch nach dem Zusammenbruch der UdSSR und dem Verlust eines Großteils seines Potenzials heute eine der mächtigsten Nuklearmächte der Welt und verfügt darüber hinaus über gewisse Vorteile bei einer Reihe modernster Waffensysteme. Es sollte daher kein Zweifel daran bestehen, dass ein direkter Angriff auf unser Land zu einer Niederlage und schlimmen Konsequenzen für jeden potenziellen Angreifer führen würde.
Die Technologie, einschließlich der Verteidigungstechnologie, unterliegt jedoch einem raschen Wandel. Die Führung in diesem Bereich hat gewechselt und wird auch in Zukunft wechseln, aber die militärische Entwicklung der an unsere Grenzen angrenzenden Gebiete wird, wenn wir sie zulassen, noch jahrzehntelang, vielleicht für immer, bestehen bleiben und eine ständig wachsende, völlig inakzeptable Bedrohung für Russland darstellen.
Schon jetzt, in dem Maße, wie sich die NATO nach Osten ausdehnt, wird die Situation für unser Land von Jahr zu Jahr schlechter und gefährlicher. Darüberhinaus hat die NATO-Führung in den letzten Tagen ausdrücklich von der Notwendigkeit gesprochen, das Vorrücken der Infrastruktur des Bündnisses in Richtung der russischen Grenzen zu beschleunigen und zu forcieren. Mit anderen Worten: Sie verschärfen ihre Haltung. Wir können nicht länger nur zusehen, was passiert. Das wäre völlig unverantwortlich von uns.
Der weitere Ausbau der Infrastruktur des Nordatlantischen Bündnisses, die begonnene militärische Erschließung des ukrainischen Territoriums, ist für uns inakzeptabel. Das Problem liegt natürlich nicht bei der NATO-Organisation selbst – sie ist nur ein Instrument der amerikanischen Außenpolitik. Das Problem besteht darin, dass auf den an uns angrenzenden Gebieten – wohlgemerkt auf unseren eigenen historischen Territorien – ein „Anti-Russland“ geschaffen wird, das unter vollständige Kontrolle des Auslandes gestellt, von den Streitkräften der NATO-Länder intensiv entwickelt und mit den modernsten Waffen vollgepumpt wird.
Für die USA und ihre Verbündeten ist die sogenannte Politik der Eindämmung Russlands, eine offensichtliche geopolitische Dividende. Für unser Land ist es jedoch letztlich eine Frage von Leben und Tod, eine Frage unserer historischen Zukunft als Nation. Und das ist keine Übertreibung – so ist es nun einmal. Das ist eine echte Bedrohung nicht nur für unsere Interessen, sondern für die Existenz unseres Staates und seine Souveränität. Das ist die rote Linie, über die immer wieder gesprochen wurde. Sie haben sie überschritten.
In diesem Zusammenhang und in Bezug auf die Situation im Donbass. Wir sehen, dass die Kräfte, die 2014 in der Ukraine den Staatsstreich durchführt haben, die Macht an sich gerissen und sie mit Hilfe von im Wesentlichen dekorativen Wahlverfahren behalten haben, eine friedliche Lösung des Konflikts definitiv ablehnen. Acht Jahre lang, unendlich lange acht Jahre, haben wir alles getan, damit die Situation mit friedlichen, politischen Mitteln gelöst wird. Alles umsonst.
Wie ich bereits in meiner vorherigen Ansprache sagte, kann man das, was dort geschieht, nicht ohne Mitgefühl betrachten. Es war einfach unmöglich, das noch länger zu ertragen. Es war notwendig, diesen Alptraum – diesen Völkermord an den Millionen von Menschen, die dort leben und nur auf Russland hoffen, die nur auf uns hoffen – sofort zu beenden. Diese Bestrebungen, die Gefühle und der Schmerz der Menschen waren der Hauptgrund für unsere Entscheidung, die Volksrepubliken des Donbass anzuerkennen.
Ich finde es wichtig, das noch einmal zu betonen. Die führenden NATO-Länder unterstützen, um ihre eigenen Ziele zu erreichen, extreme Nationalisten und Neonazis in der Ukraine, die ihrerseits den Menschen auf der Krim und in Sewastopol ihre freie Entscheidung für die Wiedervereinigung mit Russland nie verzeihen werden.
Natürlich werden sie auf die Krim gehen, genau wie in den Donbass, mit einem Krieg, um zu töten, so wie wie die Strafkolonnen der ukrainischen Nationalisten und Hitlers Kollaborateure während des Großen Vaterländischen Krieges wehrlose Menschen getötet haben. Sie erheben auch unverhohlen Anspruch auf eine ganze Reihe anderer russischer Gebiete.
Der gesamte Verlauf der Ereignisse und die Analyse der eingehenden Informationen zeigen, dass ein Zusammenstoß zwischen Russland und diesen Kräften unvermeidlich ist. Es ist nur eine Frage der Zeit: Sie bereiten sich vor, sie warten auf einen günstigen Moment. Jetzt wollen sie auch Atomwaffen. Wir werden das nicht zulassen.
Wie ich bereits sagte, hat Russland die neuen geopolitischen Realitäten nach dem Zusammenbruch der UdSSR akzeptiert. Wir respektieren alle neu entstandenen Länder im postsowjetischen Raum und werden das auch weiterhin tun. Wir respektieren ihre Souveränität und werden sie auch weiterhin respektieren. Ein Beispiel dafür ist die Hilfe, die wir Kasachstan geleistet haben, das tragische Ereignisse und Angriffe auf seine Staatlichkeit und Integrität erlebt hat. Aber Russland kann sich nicht sicher fühlen, kann sich nicht entwickeln, kann nicht existieren, wenn eine ständige Bedrohung aus dem Gebiet der heutigen Ukraine kommt.
Ich möchte Sie daran erinnern, dass wir in den Jahren 2000 bis 2005 militärisch gegen Terroristen im Kaukasus gekämpft, die Integrität unseres Staates verteidigt und Russland erhalten haben. Im Jahr 2014 haben wir die Menschen auf der Krim und in Sewastopol unterstützt. Im Jahr 2015 haben wir unsere Streitkräfte eingesetzt, um das Eindringen von Terroristen aus Syrien nach Russland zuverlässig zu unterbinden. Wir hatten keine andere Möglichkeit, uns zu verteidigen.
Das Gleiche passiert jetzt auch. Sie und ich haben einfach keine andere Möglichkeit, Russland und unser Volk zu verteidigen, als die, die wir heute anwenden müssen. Die Umstände verlangen von uns, dass wir entschlossen und sofort handeln. Die Volksrepubliken des Donbass haben Russland um Hilfe gebeten.
In diesem Zusammenhang habe ich gemäß Artikel 51 Absatz 7 der Charta der Vereinten Nationen, mit Genehmigung des russischen Föderationsrates und in Übereinstimmung mit den von der Bundesversammlung am 22. Februar dieses Jahres ratifizierten Verträgen über Freundschaft und gegenseitigen Beistand mit der Volksrepublik Donezk und der Volksrepublik Lugansk beschlossen, eine Militäroperation durchzuführen.
Ihr Ziel ist es, die Menschen zu schützen, die seit acht Jahren von dem Kiewer Regime misshandelt und ermordet werden. Und zu diesem Zweck werden wir uns bemühen, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren und diejenigen vor Gericht zu stellen, die zahlreiche blutige Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung, einschließlich der Bürger der Russischen Föderation, begangen haben.
Gleichzeitig sehen unsere Pläne nicht die Besetzung ukrainischer Gebiete vor. Wir haben nicht die Absicht, jemandem etwas mit Gewalt aufzuzwingen. Gleichzeitig hören wir, dass sich in letzter Zeit im Westen die Stimmen mehren, dass die vom totalitären sowjetischen Regime unterzeichneten Dokumente, in denen die Ergebnisse des Zweiten Weltkriegs festgeschrieben sind, nicht mehr umgesetzt werden sollten. Was soll man darauf antworten?
Das Ergebnis des Zweiten Weltkriegs ist heilig, ebenso wie die Opfer, die unser Volk auf dem Altar des Sieges über den Nationalsozialismus gebracht hat. Das steht jedoch nicht im Widerspruch zu den hohen Werten der Menschenrechte und Freiheiten, die auf den Realitäten der Nachkriegsjahrzehnte beruhen. Das setzt auch nicht das in Artikel 1 der UN-Charta verankerte Selbstbestimmungsrecht der Nationen außer Kraft.
Ich möchte Sie daran erinnern, dass weder bei der Gründung der UdSSR noch nach dem Zweiten Weltkrieg jemand die Menschen in den Gebieten, die die heutige Ukraine bilden, gefragt hat, wie sie ihr Leben gestalten wollen. Unsere Politik basiert auf der Freiheit, der Wahlfreiheit eines jeden, seine eigene Zukunft und die seiner Kinder selbst zu bestimmen. Und wir sind der Meinung, dass dieses Recht – das Recht, auszuwählen – wichtig ist für alle Völker, die auf dem Gebiet der heutigen Ukraine leben, für alle, die dieses Recht ausüben wollen .
In diesem Zusammenhang appelliere ich auch an die Bürger der Ukraine. Im Jahr 2014 hatte Russland die Pflicht, die Bewohner der Krim und Sewastopols vor denjenigen zu schützen, die Sie selbst als „Nazis“ bezeichnen. Die Menschen auf der Krim und in Sewastopol haben sich für ihr historisches Heimatland, für Russland, entschieden, und wir haben sie dabei unterstützt. Auch hier konnten wir einfach nicht anders handeln.
Bei den heutigen Ereignissen geht es nicht darum, die Interessen der Ukraine und des ukrainischen Volkes zu verletzen. Es geht darum, Russland selbst vor denen zu schützen, die die Ukraine als Geisel genommen haben und versuchen, sie gegen unser Land und seine Bevölkerung einzusetzen.
Auch hier handelt es sich um Selbstverteidigung gegen die Bedrohungen, denen wir ausgesetzt sind, und gegen ein noch größeres Unglück als das, was heute geschieht. So schwer es auch ist, bitte ich Sie, dies zu verstehen, und ich rufe zur Zusammenarbeit auf, damit wir diese tragische Seite so schnell wie möglich umblättern und gemeinsam vorankommen können, indem wir niemandem erlauben, sich in unsere Angelegenheiten, in unsere Beziehungen einzumischen, sondern sie selbständig aufbauen, so dass die notwendigen Voraussetzungen für die Überwindung aller Probleme geschaffen werden und wir trotz der Staatsgrenzen von innen heraus als eine vereinte Einheit gestärkt werden. Daran glaube ich – das ist unsere Zukunft.
Ich muss mich auch an die Streitkräfte der Ukraine wenden.
Verehrte Kameraden! Eure Väter, Großväter und Urgroßväter haben nicht gegen die Nazis gekämpft und unser gemeinsames Vaterland verteidigt, damit die heutigen Neonazis die Macht in der Ukraine übernehmen können. Ihr habt einen Eid auf das ukrainische Volk geschworen und nicht auf die volksfeindliche Junta, die die Ukraine ausraubt und eben dieses Volk schikaniert.
Führt ihre kriminellen Befehle nicht aus. Ich fordere Euch auf, die Waffen sofort niederzulegen und nach Hause zu gehen. Um es klar zu sagen: Alle Angehörigen der ukrainischen Armee, die dieser Forderung nachkommen, werden das Kriegsgebiet ungehindert verlassen und zu ihren Familien zurückkehren können.
Ich möchte noch einmal betonen, dass die Verantwortung für ein mögliches Blutvergießen allein auf dem Gewissen des Regimes liegt, das auf dem Gebiet der Ukraine herrscht.
Nun ein paar wichtige, sehr wichtige Worte an diejenigen, die von außen versucht sein könnten, sich in das Geschehen einzumischen. Wer auch immer versucht, sich bei uns einzumischen, geschweige denn unser Land und unser Volk zu gefährden, muss wissen, dass die Antwort Russlands sofort erfolgen und zu Konsequenzen führen wird, die Sie in Ihrer Geschichte noch nie erlebt haben. Wir sind auf jede Entwicklung der Ereignisse vorbereitet. Alle notwendigen Entscheidungen wurden in dieser Hinsicht getroffen. Ich hoffe, dass ich gehört werde.
Liebe Mitbürger Russlands!
Das Wohlergehen, die Existenz ganzer Staaten und Völker, ihr Erfolg und ihre Lebensfähigkeit haben ihren Ursprung immer im mächtigen Wurzelwerk ihrer Kulturen und Werte, in den Erfahrungen und Traditionen ihrer Vorfahren, und natürlich hängen sie von ihrer Fähigkeit ab, sich rasch an das sich ständig verändernde Leben anzupassen, vom Zusammenhalt der Gesellschaft, ihrer Bereitschaft, sich zu konsolidieren, alle Kräfte zu bündeln, um voranzukommen.
Stärke wird immer gebraucht – immer -, aber Stärke kann unterschiedliche Qualitäten haben. Die Politik des „Lügenimperiums“, von der ich zu Beginn meiner Rede gesprochen habe, beruht vor allem auf roher, direkter Gewalt. In solchen Fällen sagt man bei uns: „Du hast Kraft, du brauchst keine Intelligenz“.
Und wir wissen, dass die wahre Stärke in der Gerechtigkeit und der Wahrheit liegt, die auf unserer Seite sind. Und wenn das so ist, dann ist es schwer, nicht zuzustimmen, dass Stärke und Kampfbereitschaft das Fundament von Unabhängigkeit und Souveränität sind, das notwendige Fundament, auf dem allein wir unsere Zukunft, unser Zuhause, unsere Familie und unser Heimatland aufbauen können.
Liebe Mitbürger!
Ich bin sicher, dass die Soldaten und Offiziere der russischen Streitkräfte, die ihrem Land gegenüber loyal sind, ihre Pflicht professionell und mutig erfüllen werden. Ich zweifle nicht daran, dass alle Machtebenen und die Fachleute, die für die Stabilität unserer Wirtschaft, unseres Finanzsystems und unseres sozialen Umfelds verantwortlich sind, sowie die Leiter unserer Unternehmen und die gesamte russische Wirtschaft harmonisch und effizient zusammenarbeiten werden. Ich zähle auf die konsolidierte, patriotische Haltung aller parlamentarischen Parteien und öffentlichen Kräfte.
Schließlich liegt das Schicksal Russlands, wie schon immer in der Geschichte, in den fähigen Händen unseres multi-ethnischen Volkes. Das bedeutet, dass die von uns gefassten Beschlüsse umgesetzt werden, unsere Ziele erreicht werden und die Sicherheit unseres Vaterlandes zuverlässig gewährleistet ist.
Ich glaube an Ihre Unterstützung und an die unbesiegbare Kraft, die uns die Liebe zu unserem Vaterland verleiht.
Der russische Präsident Putin hat am 21. Februar in einer Grundsatzrede die russische Position erklärt und dann die Republiken in Donezk und Lugansk anerkannt. Hier finden Sie die komplette Rede.
von Anti-Spiegel 22. Februar 2022 03:11 Uhr
Ich werde nicht viel vorweg sagen, denn Putins Rede war ungewöhnlich lang und dauerte fast eine Stunde, entsprechend lang ist auch dieser Artikel mit der Übersetzung der Rede.
Da vielleicht nicht jeder die Rede komplett lesen wird, fasse ich kurz zusammen, worum es in der Rede ging. Zunächst hat Putin einen historischen Exkurs gemacht und ist auf die Entstehung der Ukraine eingegangen. Allerdings war das Haupthema dieses Exkurses nicht einmal die Ukraine, sondern eher die Fehler der früheren politischen Führer des Landes, die am Ende zur Entstehung der Situation geführt haben, in der Russland und die Ukraine nun sind. Putin geht dabei übrigens – entgegen den ständig wiederholten Behauptungen westlicher Medien – sehr hart mit der Sowjetunion und namentlich mit Lenin und Stalin ins Gericht, was ganz nebenbei viele Behauptungen westlicher Medien über Putins angebliches sowjet-nostalgisches Weltbild Lügen straft.
Putin schlägt in seiner Rede einen weiten Bogen und spricht sowohl über die unglückliche Entwicklung der Ukraine nach ihrer Unabhängigkeit, denn das Land wird seit 1990 von einigen wenigen Oligarchen ausgepresst und ist vor allem nach dem Maidan extrem verarmt. Putin kritisiert – wie immer – die Machthaber in der Ukraine, hat aber offenes Mitgefühl mit den Menschen in der Ukraine, die unter den Zuständen in dem Land leiden müssen.
Putin kommt auch auf die aktuellen Verhandlungen mit den USA über gegenseitige Sicherheitsgarantien zu sprechen und erklärt Russlands Position dazu noch einmal ausführlich. Und er macht klar, dass Russlands Geduld am Ende ist und es nur zwei Möglichkeiten gibt: Entweder echte Gespräche unter ehrlicher Berücksichtigung der russischen Sicherheitsinteressen, oder eine russische Reaktion, die von den Offiziellen in Moskau als „militär-technisch“ bezeichnet wird.
Erst ganz am Ende der Rede teilt Putin, fast schon nebenbei, mit, dass er die Donbass-Republiken nun anerkennt und mit ihnen Verträge über Zusammenarbeit und Schutz abschließen wird. Er beendet die Rede mit einer deutlichen Warnung an Kiew, die Feindseligkeiten sofort einzustellen, oder selbst die für die Folgen weiterer Feindseligkeiten die Verantwortung zu übernehmen.
Putin scheint sehr wütend zu sein und die Rede war emotional, auch wenn der Text das nicht wieder gibt. Dass Putin offensichtlich sehr wütend ist, zeigte sich auch bei der Unterzeichnung der Vereinbarungen mit den Donbass-Republiken, die direkt im Anschluss an die Rede übertragen wurde. So kurz angebunden wie dabei, habe ich Putin noch nie bei keinem feierlichen Anlass gesehen.
Damit genug der Vorrede, es folgt die Übersetzung der kompletten Rede, denn sie auf Deutsch zu veröffentlichen, halte ich für wichtig, weil der Spiegel schon einen ersten Desinformations-Artikel über das gebracht hat, was Putin nach Meinung von Christian Esch, dem Leiter des Spiegel-Büros in Moskau, gesagt haben soll. Daher können Sie hier nachlesen, was Putin wirklich gesagt hat.
Beginn der Übersetzung:
Verehrte Bürger Russlands! Liebe Freunde!
Das Thema meiner Rede sind die Ereignisse in der Ukraine und warum das so wichtig für uns, für Russland ist. Meine Rede richtet sich natürlich auch an unsere Mitbürger in der Ukraine.
Ich werde mich ausführlich und detailliert äußern müssen. Das Problem ist sehr ernst.
Die Lage im Donbass ist erneut kritisch und akut geworden. Und heute wende ich mich direkt an Sie, nicht nur um zu bewerten, was geschieht, sondern auch um Sie über die Entscheidungen, die getroffen werden, und mögliche weitere Schritte in dieser Richtung zu informieren.
Ich möchte noch einmal betonen, dass die Ukraine für uns nicht nur ein Nachbarland ist. Sie ist ein integraler Bestandteil unserer eigenen Geschichte, Kultur und unseres spirituellen Raums. Das sind unsere Freunde, unsere Verwandten, nicht nur Kollegen, Freunde und ehemalige Arbeitskollegen, sondern auch unsere Verwandten und engen Familienmitglieder.
Seit ältesten Zeiten nennen sich die Bewohner der südwestlichen historischen Gebiete des alten Russlands Russen und orthodoxe Christen. So war es auch im 17. Jahrhundert, als ein Teil dieser Gebiete mit dem russischen Staat wiedervereinigt wurde, und auch danach war das so.
Es scheint uns, dass wir das im Prinzip alle wissen, dass wir über bekannte Tatsachen sprechen. Um jedoch zu verstehen, was heute geschieht, um die Motive des russischen Handelns und die Ziele, die wir uns gesetzt haben, zu erklären, ist es notwendig, zumindest ein paar Worte über die Geschichte des Themas zu verlieren.
Lassen Sie mich also mit der Tatsache beginnen, dass die moderne Ukraine vollständig von Russland geschaffen wurde, genauer gesagt, vom bolschewistischen, kommunistischen Russland. Dieser Prozess begann fast unmittelbar nach der Revolution von 1917, und Lenin und seine Mitstreiter taten das auf sehr grobe Weise mit Russland selbst – durch Sezession, indem sie Teile seiner eigenen historischen Territorien abtrennten. Natürlich hat niemand die Millionen von Menschen, die dort lebten, nach irgendetwas gefragt.
Dann, vor und nach dem Großen Vaterländischen Krieg, annektierte bereits Stalin einige Gebiete, die zuvor zu Polen, Rumänien und Ungarn gehörten, an die UdSSR und übertrug sie der Ukraine. Als eine Art Entschädigung gab Stalin Polen einige der angestammten deutschen Gebiete, und 1954 nahm Chruschtschow Russland aus irgendeinem Grund die Krim weg und gab sie der Ukraine. Auf diese Weise entstand das Gebiet der sowjetischen Ukraine.
Aber jetzt möchte ich besonders auf die Anfangszeit der Gründung der UdSSR eingehen. Ich denke, das ist für uns sehr wichtig. Wir werden, wie man so schön sagt, aus der Ferne beginnen müssen.
Ich möchte daran erinnern, dass die Bolschewiki nach dem Oktoberputsch von 1917 und dem anschließenden Bürgerkrieg mit dem Aufbau eines neuen Staatswesens begannen, und dass es zwischen ihnen recht heftige Meinungsverschiedenheiten gab. Stalin, der 1922 die Ämter des Generalsekretärs des Zentralkomitees der RKP und des Volkskommissars für Nationalitäten in Personalunion bekleidete, schlug vor, das Land nach den Grundsätzen der Autonomisierung aufzubauen, also den Republiken – den künftigen administrativ-territorialen Einheiten – bei ihrem Beitritt zum Einheitsstaat weitreichende Befugnisse zu übertragen.
Lenin kritisierte diesen Plan und schlug vor, den Nationalisten, wie er sie damals nannte, Zugeständnisse zu machen – den „Unabhängigen“. Genau das waren Lenins Vorstellungen von einer im Wesentlichen konföderativen Staatsstruktur und dem Recht der Völker auf Selbstbestimmung bis hin zur Sezession, die die Grundlage der sowjetischen Staatlichkeit bildeten: zunächst 1922 in der Erklärung über die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken und dann, nach Lenins Tod, in der Verfassung der UdSSR von 1924.
Hier stellen sich sofort viele Fragen. Und die erste von ihnen ist eigentlich die wichtigste: Warum war es notwendig, irgendwelche grenzenlos wachsenden nationalistischen Ambitionen an den Rändern des ehemaligen Reiches zu befriedigen? Die Übertragung riesiger, oft willkürlich gebildeter Verwaltungseinheiten, die Unionsrepubliken, die oft keinen Bezug zu dem Gebiet hatten. Ich wiederhole: Sie wurden zusammen mit der Bevölkerung des historischen Russlands übertragen.
Darüber hinaus erhielten diese Verwaltungseinheiten faktisch den Status und die Form nationaler staatlicher Einheiten. Wieder einmal frage ich mich: Warum war es notwendig, so großzügige Geschenke zu machen, von denen die glühendsten Nationalisten vorher nicht einmal zu träumen wagten, und darüber hinaus den Republiken das Recht einzuräumen, sich ohne jegliche Bedingungen vom Einheitsstaat abzuspalten?
Auf den ersten Blick ist das völlig unverständlich, das ist Wahnsinn. Aber das ist nur auf den ersten Blick so. Dafür gibt es eine Erklärung. Nach der Revolution bestand die Hauptaufgabe der Bolschewiki darin, die Macht zu erhalten, und zwar um jeden Preis. Dafür haben sie alles getan: sie haben die erniedrigenden Bedingungen des Brester Vertrages zu einer Zeit akzeptiert, als sich das kaiserliche Deutschland und seine Verbündeten in der schwierigsten militärischen und wirtschaftlichen Lage befanden und der Ausgang des Ersten Weltkrieges eigentlich schon vorherbestimmt war, und sie sind allen Forderungen, allen Wünschen der Nationalisten im Inneren des Landes nachgekommen.
Im Hinblick auf das historische Schicksal Russlands und seiner Völker waren die leninistischen Prinzipien des Staatsaufbaus nicht nur ein Fehler, sondern weitaus schlimmer als ein Fehler. Nach dem Zusammenbruch der UdSSR im Jahr 1991 wurde das absolut offensichtlich.
Natürlich können die Ereignisse der Vergangenheit nicht geändert werden, aber wir müssen zumindest direkt und ehrlich, ohne Vorbehalte und ohne politische Färbung über sie sprechen. Ich kann nur hinzufügen, dass die Erwägungen der aktuellen politischen Konjunktur, so spektakulär und vorteilhaft sie zu einem bestimmten Zeitpunkt auch erscheinen mögen, unter keinen Umständen die Grundlage für die Grundprinzipien der Staatlichkeit bilden sollten oder können.
Ich will jetzt niemanden beschuldigen, die Situation im Land zu dieser Zeit und nach dem Bürgerkrieg, vor dem Bürgerkrieg, war unglaublich schwierig und kritisch. Ich möchte heute nur sagen, dass es genau so war. Das ist eine historische Tatsache. Wie ich bereits gesagt habe, führte die bolschewistische Politik zur Entstehung der Sowjetukraine, die auch heute noch zu Recht als „Wladimir-Lenin-Ukraine“ bezeichnet werden kann. Er war ihr Autor und Architekt. Das wird durch Dokumente in den Archiven vollständig bestätigt, einschließlich Lenins strenger Direktiven für den Donbass, der buchstäblich in die Ukraine hineingepresst wurde. Und nun haben die „dankbaren Nachkommen“ Lenin-Denkmäler in der Ukraine abgerissen. Sie nennen das Entkommunisierung. (Anm. d. Übers.: „Entkommunisierung“ meint die Tilgung von allem, was an den Kommunismus erinnert, ähnlich wie die Entnazifizierung in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg)
Sie wollen entkommunisieren? Nun, für uns ist das vollkommen in Ordnung. Aber Sie sollten nicht, wie man so schön sagt, auf halbem Weg stehen bleiben. Wir sind bereit, Ihnen zu zeigen, was eine echte Entkommunisierung für die Ukraine bedeutet.
Um auf die Geschichte zurückzukommen, wiederhole ich, dass die UdSSR 1922 auf dem Gebiet des ehemaligen Russischen Reiches gegründet wurde. Das Leben selbst jedoch zeigte sofort, dass es unmöglich war, ein so großes und komplexes Gebiet zu erhalten oder es nach den vorgeschlagenen amorphen, quasi konföderativen Prinzipien zu regieren. Sie waren völlig losgelöst von der Realität und der historischen Tradition.
Es ist nur logisch, dass der Rote Terror und der rasche Übergang zur stalinistischen Diktatur, die Vorherrschaft der kommunistischen Ideologie und das Machtmonopol der Kommunistischen Partei, die Verstaatlichung und das Planwirtschaftssystem in der Praxis die erklärten, aber nicht umsetzbaren Prinzipien der Staatlichkeit zu einer bloßen Erklärung, einer Formalität gemacht haben. In Wirklichkeit hatten die Unionsrepubliken keinerlei Souveränitätsrechte, diese Rechte existierten einfach nicht. In der Praxis wurde ein streng zentralisierter, völlig einheitlicher Staat geschaffen.
Stalin hat in der Tat nicht Lenins, sondern seine ganz eigenen Vorstellungen von Staatlichkeit in die Praxis umgesetzt. Aber er hat keine entsprechenden Änderungen in den systemischen Dokumenten, in der Verfassung des Landes vorgenommen, hat die verkündeten leninistischen Prinzipien des Aufbaus der UdSSR nicht formell überdacht. Offensichtlich gab es dafür keinen Grund – alles funktionierte unter dem totalitären Regime und es sah an der Oberfläche sehr schön, attraktiv und sogar superdemokratisch aus.
Dennoch ist es sehr schade, dass die abscheulichen, utopischen, von der Revolution inspirierten, aber für ein normales Land absolut zerstörerischen Fantasien nicht umgehend von den grundlegenden, formell legalen Fundamenten, auf denen unsere gesamte Staatlichkeit aufgebaut wurde, entfernt wurden. Niemand hat, wie es bei uns früher so oft der Fall war, an die Zukunft gedacht.
Die Führer der Kommunistischen Partei schienen davon überzeugt zu sein, dass es ihnen gelungen war, ein solides Regierungssystem zu bilden und dass sie die nationale Frage durch ihre Politik endgültig gelöst hatten. Aber die Verfälschungen, Veränderungen von Begriffen, Manipulation des öffentlichen Bewusstseins und Täuschung waren kamen teuer zu stehen. Der Bazillus des nationalistischen Ehrgeizes war nicht verschwunden, und die ursprüngliche Mine, die gelegt worden war, um die Immunität des Staates gegen die Ansteckung durch den Nationalismus zu untergraben, wartete nur darauf, zu explodieren. Diese Landmine, ich wiederhole das, war das Recht, sich von der UdSSR abzuspalten.
Mitte der 80er Jahre verschärfte sich vor dem Hintergrund wachsender sozioökonomischer Probleme und einer offensichtlichen Krise der Planwirtschaft die nationale Frage, deren Kern, wie immer, nicht die Erwartungen und unerfüllten Sehnsüchte der Völker der Union waren, sondern in erster Linie der wachsende Appetit der lokalen Eliten.
Doch anstatt die Situation gründlich zu analysieren und angemessene Maßnahmen zu ergreifen, vor allem in der Wirtschaft, sowie eine allmähliche, durchdachte und bewusste Umgestaltung des politischen Systems und der staatlichen Struktur vorzunehmen, beschränkte sich die KPdSU-Führung darauf, das leninistische Prinzip der nationalen Selbstbestimmung in Worte zu fassen.
Als sich der Machtkampf in der Kommunistischen Partei selbst entfaltete, begann jede der gegnerischen Seiten, um ihre Unterstützungsbasis zu verbreitern, rücksichtslos nationalistische Gefühle anzuregen, zu fördern und mit ihnen zu spielen, indem sie ihren potenziellen Anhängern versprach, was immer sie wünschten. Inmitten einer oberflächlichen und populistischen Rhetorik über Demokratie und eine strahlende Zukunft, die auf der Grundlage einer Markt- oder Planwirtschaft aufgebaut wurde, aber unter den realen Bedingungen der Verarmung und des totalen Defizits, dachte niemand an der Macht an die unvermeidlichen tragischen Folgen für das Land.
Und dann folgten sie dem ausgetretenen Pfad der Befriedigung der Ambitionen nationalistischer Eliten, die in ihren eigenen Parteireihen genährt wurden, und vergaßen dabei, dass die KPdSU – Gott sei Dank – nicht mehr über solche Instrumente wie Staatsterror und eine Diktatur nach Art Stalins verfügte, um die Macht und das Land selbst zu erhalten. Und so verschwand selbst die berüchtigte Führungsrolle der Partei selbst wie ein Morgennebel spurlos vor ihren Augen.
Im September 1989 verabschiedete das Plenum des Zentralkomitees der KPdSU ein im Grunde verhängnisvolles Dokument – die so genannte nationale Politik der Partei unter modernen Bedingungen, die KPdSU-Plattform. Sie enthielt folgende Bestimmungen, ich zitiere: „Die Unionsrepubliken haben alle Rechte, die ihrem Status als souveräne sozialistische Staaten entsprechen.“
Eine weitere Klausel lautete: „Die obersten repräsentativen Machtorgane der Unionsrepubliken können die Erlasse und Anordnungen der Unionsregierung in ihrem Hoheitsgebiet anfechten und aussetzen.“
Und schließlich: „Jede Unionsrepublik hat ihre eigene Staatsbürgerschaft, die für alle ihre Einwohner gilt.“
War es denn nicht offensichtlich, wozu solche Formulierungen und Entscheidungen führen würden?
Dies ist weder der richtige Zeitpunkt noch der richtige Ort, um Fragen des Staats- oder Verfassungsrechts zu erörtern und den Begriff der Staatsbürgerschaft zu definieren. Dennoch stellt sich die Frage: Warum musste das Land unter diesen ohnehin schon schwierigen Umständen noch weiter erschüttert werden?
Schon zwei Jahre vor dem Zusammenbruch der UdSSR war ihr Schicksal praktisch besiegelt. Jetzt reklamieren die Radikalen und Nationalisten, auch und vor allem in der Ukraine, die Erreichung der Unabhängigkeit für sich. Wie wir sehen, ist das ganz und gar nicht der Fall. Der Zusammenbruch unseres einigen Landes wurde durch historische, strategische Fehler der bolschewistischen Führer, der Führung der KPdSU, verursacht, die zu verschiedenen Zeiten beim Staatsaufbau, in der Wirtschafts- und Nationalpolitik gemacht wurden. Sie haben den Zusammenbruch des historischen Russlands, das den den Namen UdSSR trug, auf dem Gewissen.
Trotz all dieser Ungerechtigkeiten, des Betrugs und des offenen Ausraubens Russlands hat unser Volk die neuen geopolitischen Realitäten anerkannt, die nach dem Zusammenbruch der UdSSR entstanden sind, hat die neuen unabhängigen Staaten anerkannt. Und nicht nur das – Russland selbst, das sich zu dieser Zeit in einer sehr schwierigen Situation befand, half seinen GUS-Partnern, einschließlich seiner ukrainischen Kollegen, von denen bereits zum Zeitpunkt der Unabhängigkeitserklärung zahlreiche Ersuchen um materielle Unterstützung eingingen. Und unser Land hat diese Unterstützung unter Wahrung der Würde und Souveränität der Ukraine geleistet.
Nach Expertenschätzungen, die durch eine einfache Berechnung der Preise für Energieträger bestätigt werden, betrug das Volumen der Vorzugskredite und der Wirtschafts- und Handelspräferenzen, die Russland der Ukraine gewährt hat, sich für den ukrainischen Haushalt von 1991 bis 2013 auf etwa 250 Milliarden Dollar.
Aber das ist noch lange nicht alles. Ende 1991 beliefen sich die Schuldverpflichtungen der UdSSR gegenüber dem Ausland und internationalen Fonds auf rund 100 Milliarden Dollar. Ursprünglich war man davon ausgegangen, dass diese Kredite von allen ehemaligen Sowjetrepubliken im Verhältnis zu ihrem wirtschaftlichen Potenzial solidarisch zurückgezahlt werden würden. Russland übernahm jedoch die gesamten sowjetischen Schulden und zahlte sie in voller Höhe zurück. Es hat diesen Prozess 2017 abgeschlossen.
Im Gegenzug sollten die neuen unabhängigen Staaten auf ihren Teil des sowjetischen Auslandsvermögens verzichten und im Dezember 1994 wurden entsprechende Vereinbarungen mit der Ukraine getroffen. Kiew ratifizierte diese Abkommen jedoch nicht und weigerte sich später einfach, es umzusetzen. Es erhob Anspruch auf den Diamantenfonds, die Goldreserve sowie Eigentum und andere Vermögenswerte der ehemaligen UdSSR im Ausland.
Doch trotz der bekannten Probleme hat Russland immer offen, ehrlich und – ich wiederhole das – unter Wahrung seiner Interessen mit der Ukraine zusammengearbeitet, und unsere Beziehungen haben sich in einer Vielzahl von Bereichen entwickelt. So betrug der bilaterale Handelsumsatz im Jahr 2011 mehr als 50 Milliarden US-Dollar. Ich möchte darauf hinweisen, dass das Handelsvolumen der Ukraine mit allen EU-Ländern im Jahr 2019, also noch vor der Pandemie, unter dieser Zahl lag.
Dabei springt es ins Auge, dass die ukrainischen Regierungen es vorzogen, so zu handeln, dass sie in den Beziehungen zu Russland alle Rechte und Vorteile, aber keine Verpflichtungen hatten.
Anstelle von Partnerschaft herrschte Abhängigkeit, die von den offiziellen Stellen in Kiew zuweilen geradezu als Kavaliersdelikt empfunden wurde. Es genügt, an die ständige Erpressung im Bereich des Energietransits und den banalen Diebstahl von Gas zu erinnern. (Anm. d. Übers.: Details der Gaskonflikte Vergangenheit, auf die Putin hier anspielt, finden Sie hier)
Ich sollte noch hinzufügen, dass Kiew versucht hat, den Dialog mit Russland als Vorwand zu nutzen, um mit dem Westen zu verhandeln, ihn mit einer Annäherung an Moskau zu erpressen und Vorteile für sich zu gewinnen: mit der Begründung, dass sonst der russische Einfluss in der Ukraine zunehmen würde.
Gleichzeitig haben die ukrainischen Regierungen von Anfang an, das möchte ich betonen, von den ersten Schritten an damit begonnen, ihre Staatlichkeit auf der Leugnung all dessen aufzubauen, was uns verbindet, sie haben versucht, das Bewusstsein und das historische Gedächtnis von Millionen von Menschen, ganzer Generationen, die in der Ukraine leben, zu entstellen. Es überrascht nicht, dass die ukrainische Gesellschaft mit dem Aufkommen des extremen Nationalismus konfrontiert wurde, der schnell die Form von aggressiver Russophobie und Neonazismus annahm. Daher die Beteiligung ukrainischer Nationalisten und Neonazis an Terrorbanden im Nordkaukasus und die immer lauter werdenden territorialen Ansprüche gegenüber Russland.
Die ausländischen Kräfte, die ein ausgedehnte Netz von NGOs und Geheimdiensten genutzt haben, um ihre Klientel in der Ukraine zu pflegen und ihre Vertreter an die Macht zu bringen, haben ebenfalls ihren Teil dazu beigetragen.
Es ist auch wichtig zu verstehen, dass es in der Ukraine im Grunde nie eine stabile Tradition echter Staatlichkeit gegeben hat. Seit 1991 ist sie den Weg der mechanischen Kopie fremder Modelle gegangen, losgelöst von ihrer Geschichte und der ukrainischen Realität. Die politischen Institutionen des Staates wurden ständig umgestaltet, um den rasch aufstrebenden Clans mit ihren eigenen Interessen zu dienen, die nichts mit den Interessen der ukrainischen Bevölkerung gemeinsam haben.
Der Sinn der sogenannten pro-westlichen zivilisatorischen Entscheidung der ukrainischen Oligarchen war und ist nicht, bessere Bedingungen für das Wohlergehen des Volkes zu schaffen, sondern den geopolitischen Rivalen Russlands unterwürfig zu dienen, um Milliarden von Dollar, die den Ukrainern gestohlen und von den Oligarchen auf westlichen Bankkonten gebunkert wurden, zu retten.
Einige industrielle Finanzgruppen, die Parteien und Politiker übernommen haben, stützten sich zunächst auf Nationalisten und Radikale. Andere gaben Lippenbekenntnisse zu guten Beziehungen zu Russland und zur kulturellen und sprachlichen Vielfalt ab und kamen mit den Stimmen von Bürgern an die Macht, die solche Bestrebungen von ganzem Herzen unterstützten, darunter Millionen aus dem Südosten des Landes. Doch sobald sie im Amt waren, verrieten sie sofort ihre Wähler, ließen ihre Wahlversprechen fallen und setzten eine Politik auf Geheiß der Radikalen um, wobei sie manchmal ihre ehemaligen Verbündeten verfolgten – jene Organisationen der Zivilgesellschaft, die für Zweisprachigkeit und Zusammenarbeit mit Russland eintraten. Sie machten sich die Tatsache zunutze, dass die Menschen, die sie unterstützten, in der Regel gesetzestreu und gemäßigt in ihren Ansichten sind und daran gewöhnt sind, der Regierung zu vertrauen.
Die Radikalen wiederum wurden immer unverschämter und ihre Forderungen wuchsen von Jahr zu Jahr. Es fiel ihnen nicht schwer, einer schwachen Regierung, die selbst mit dem Virus des Nationalismus und der Korruption infiziert war, immer wieder ihren Willen aufzuzwingen und die wahren kulturellen, wirtschaftlichen und sozialen Interessen des Volkes und die wirkliche Souveränität der Ukraine geschickt durch verschiedene Arten von Spekulationen mit nationalen Begründungen und fremden ethnografischen Merkmalen zu ersetzen.
In der Ukraine gibt es immer noch keine dauerhafte Staatlichkeit und die politischen Wahlverfahren dienen nur als Deckmantel, als Projektionsfläche für die Umverteilung von Macht und Eigentum zwischen verschiedenen Oligarchenclans.
Die Korruption, die zweifellos für viele Länder, auch für Russland, eine Herausforderung und ein Problem darstellt, hat in der Ukraine einen besonderen Charakter angenommen. Sie hat die ukrainische Staatlichkeit, das gesamte System, alle Zweige der Macht buchstäblich imprägniert und korrodiert. Radikale nutzten die berechtigte Unzufriedenheit der Menschen aus, sattelten auf den Protest auf und führten den Maidan 2014 zu einem Staatsstreich. Dabei erhielten sie direkte Unterstützung aus dem Ausland. Die materielle Unterstützung des so genannten Protestcamps auf dem Maidan in Kiew durch die US-Botschaft betrug unseren Informationen zufolge eine Million Dollar pro Tag. Weitere sehr hohe Beträge wurden dreist direkt auf die Bankkonten der Oppositionsführer überwiesen. Und wir sprachen von mehreren Dutzend Millionen Dollar. Und wie viel haben die, die tatsächlich verletzt wurden, die Familien derjenigen, die bei den Zusammenstößen auf den Straßen und Plätzen von Kiew und anderen Städten ums Leben gekommen sind, am Ende bekommen? Danach sollte man besser nicht fragen.
Die Radikalen, die an die Macht kamen, organisierten eine Verfolgung, einen regelrechten Terror gegen diejenigen, die sich gegen verfassungsfeindliche Maßnahmen aussprachen. Politiker, Journalisten und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens wurden misshandelt und öffentlich gedemütigt. Die ukrainischen Städte wurden von einer Welle von Pogromen und Gewalt überrollt, einer Reihe von spektakulären und ungesühnten Morden. Die schreckliche Tragödie in Odessa, bei der friedliche Demonstranten im Gewerkschaftshaus brutal ermordet und lebendig verbrannt wurden, lässt einen erschaudern. Die Verbrecher, die diese Gräueltat begangen haben, sind nicht bestraft worden und niemand sucht nach ihnen.
Aber wir kennen ihre Namen und werden alles tun, um sie zu bestrafen, sie zu finden und vor Gericht zu stellen.
Der Maidan hat die Ukraine der Demokratie und dem Fortschritt nicht näher gebracht. Mit dem Staatsstreich führten die Nationalisten und die sie unterstützenden politischen Kräfte die Situation endgültig in die Sackgasse und stießen die Ukraine in den Abgrund des Bürgerkriegs. Acht Jahre nach diesen Ereignissen ist das Land gespalten. Die Ukraine befindet sich in einer akuten sozioökonomischen Krise.
Nach Angaben internationaler Organisationen waren 2019 fast sechs Millionen Ukrainer, ich betone, etwa 15 Prozent der Gesamtbevölkerung, nicht der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter, gezwungen, auf der Suche nach Arbeit ins Ausland zu gehen. In der Regel handelt es sich dabei um Gelegenheitsjobs. Auch die folgende Tatsache ist bezeichnend: Seit 2020 haben mehr als 60.000 Ärzte und anderes Gesundheitspersonal das Land während der Pandemie verlassen.
Seit 2014 haben sich die Wassertarife um fast ein Drittel erhöht, die Strompreise um ein Mehrfaches und die Gaspreise um das Zehnfache. Viele Menschen haben einfach nicht das Geld, um die Nebenkosten zu bezahlen, sie müssen buchstäblich überleben.
Was ist passiert? Warum geschieht das alles? Die Antwort liegt auf der Hand: Es liegt daran, dass die Mitgift, die nicht nur aus der Sowjetära, sondern auch aus dem Russischen Reich stammt, vergeudet und veruntreut wurde. Zehn- und Hunderttausende von Arbeitsplätzen, die den Menschen ein stabiles Einkommen boten, auch durch die enge Zusammenarbeit mit Russland, und Steuern in die Staatskasse brachten, gingen verloren. Industriezweige wie Maschinenbau, Instrumentenbau, Elektronik, Schiffbau und Flugzeugbau liegen entweder brach oder sind zerstört, während sie früher der Stolz nicht nur die Ukraine, sondern der gesamten Sowjetunion waren.
Im Jahr 2021 wurde die Tschernomorskij-Werft in Mykolajiw, in der zu Zeiten Katharinas II. die ersten Schiffswerften gebaut wurden, stillgelegt. Der berühmte Antonow-Konzern hat seit 2016 kein einziges Serienflugzeug mehr produziert, und das auf die Herstellung von Raketen- und Raumfahrtausrüstung spezialisierte Juschmasch-Werk steht ebenso wie das Stahlwerk Krementschuk kurz vor dem Bankrott. Diese traurige Liste ließe sich beliebig fortsetzen.
Das Gastransportsystem, das von der gesamten Sowjetunion aufgebaut wurde, ist so marode, dass sein Betrieb mit großen Risiken und Umweltrisiken behaftet ist.
Und das wirft die Frage auf: Sind Armut, Hoffnungslosigkeit, Verlust des industriellen und technologischen Potenzials die Wahl der pro-westlichen Zivilisation, die Millionen von Menschen jahrelang getäuscht und ihnen das Paradies versprochen hat?
In der Pracis ist es darauf hinausgelaufen, dass der Zusammenbruch der ukrainischen Wirtschaft mit einer regelrechten Ausplünderung der Bürger einhergeht, während die Ukraine selbst einfach unter ausländische Verwaltung gestellt wird. Das geschieht nicht nur auf Anweisung westlicher Hauptstädte, sondern auch vor Ort durch ein ganzes Netz ausländischer Berater, NGOs und anderer Institutionen, die sich in der Ukraine breit gemacht haben. Sie haben direkten Einfluss auf alle wichtigen Personalentscheidungen, auf alle Zweige und Ebenen der Regierung, von der Zentralregierung bis zu den Kommunen, auf die wichtigsten staatlichen Unternehmen und Konzerne, darunter Naftogaz, Ukrenergo, die Ukrainische Eisenbahn, Ukroboronprom (die Verteidigungsindustrie), Ukrposhta (die Post) und die ukrainische Seehafenverwaltung.
In der Ukraine gibt es einfach keine unabhängigen Gerichte. Auf Ersuchen des Westens räumte die Kiewer Regierung Vertretern internationaler Organisationen das vorrangige Recht ein, die Mitglieder der höchsten Justizorgane – des Justizrats und der Richterqualifikationskommission – auszuwählen.
Darüber hinaus kontrolliert die US-Botschaft direkt die Nationale Agentur für Korruptionsprävention, das Nationale Antikorruptionsbüro NABU, die Spezialisierte Antikorruptionsstaatsanwaltschaft und das Oberste Antikorruptionsgericht. All dies geschieht unter dem plausiblen Vorwand, die Korruptionsbekämpfung effektiver zu gestalten. Gut, fein, aber wo sind die Ergebnisse? Die Korruption steht in voller Blüte und gedeiht besser als je zuvor.
Sind den Ukrainern selbst all diese Methoden ihrer Verwaltung bekannt? Ist ihnen klar, dass ihr Land nicht nur einfach unter einem politischem und wirtschaftlichem Protektorat steht, sondern auf das Niveau einer Kolonie mit einem Marionettenregime reduziert wurde? Die Privatisierung des Staates hat dazu geführt, dass die Regierung die sich selbst als „Macht der Patrioten“ bezeichnet, ihren nationalen Charakter verloren hat und konsequent die vollständige Entsouveränisierung des Landes verfolgt.
Die Ent-Russifizierung und Zwangsassimilierung gehen weiter. Die Werchowna Rada erlässt unablässig mehr und mehr diskriminierende Gesetze, und ein Gesetz über die so genannten einheimischen Völker ist bereits in Kraft. Menschen, die sich als Russen verstehen und ihre Identität, ihre Sprache und ihre Kultur bewahren möchten, haben die klare Botschaft erhalten, dass sie in der Ukraine fremd sind.
Nach den Gesetzen über die Bildung und das Funktionieren der ukrainischen Sprache als Staatssprache ist das Russische aus den Schulen, aus allen öffentlichen Bereichen bis hin zu gewöhnlichen Geschäften verbannt. Das Gesetz über die so genannte Lustration, die „Säuberung“ der Macht, ermöglichte es, unliebsame Beamte zu entlassen.
Gesetze, die den ukrainischen Strafverfolgungsbehörden Anlass zur rigorosen Unterdrückung der Meinungsfreiheit und abweichender Meinungen sowie zur Verfolgung der Opposition geben, werden gezüchtet. Die traurige Praxis einseitiger illegitimer Sanktionen gegen andere Staaten, ausländische natürliche und juristische Personen ist weltweit bekannt. Die Ukraine hat ihre westlichen Kuratoren übertrumpft und ein solches Instrument wie Sanktionen gegen ihre eigenen Bürger, Unternehmen, Fernsehsender, andere Medien und sogar Parlamentsmitglieder erfunden.
Auch die ukrainisch-orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats wird in Kiew weiterhin massakriert. Und das ist keine emotionale Einschätzung, sondern konkrete Entscheidungen und Dokumente belegen das. Die ukrainische Regierung hat die Tragödie der Kirchenspaltung auf zynische Weise zu einem Instrument der Staatspolitik gemacht. Die derzeitige Führung des Landes reagiert nicht auf die Bitten der Bürger der Ukraine, die Gesetze aufzuheben, die die Rechte der Gläubigen verletzen. Außerdem wurden in der Rada neue Gesetzesentwürfe gegen den Klerus und Millionen von Gemeindemitgliedern der ukrainisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats registriert.
Ich möchte gesondert auf die Krim zu sprechen kommen. Die Menschen auf der Halbinsel haben sich aus freien Stücken für die Zugehörigkeit zu Russland entschieden. Die Regierung in Kiew hat diesem klaren und eindeutigen Willen des Volkes nichts entgegenzusetzen und setzt daher auf aggressive Aktionen, auf die Aktivierung extremistischer Zellen, einschließlich radikal-islamischer Organisationen, auf die Entsendung subversiver Gruppen zur Durchführung von Terroranschlägen auf kritische Infrastrukturen und zur Entführung russischer Bürger. Wir haben direkte Beweise dafür, dass solche aggressiven Aktionen mit der Unterstützung ausländischer Geheimdienste durchgeführt werden.
Im März 2021 hat die Ukraine eine neue Militärstrategie verabschiedet. Dieses Dokument ist fast ausschließlich der Konfrontation mit Russland gewidmet und zielt darauf ab, ausländische Staaten in einen Konflikt mit unserem Land zu ziehen. Die Strategie sieht vor, auf der Krim und im Donbass eine Art terroristischen Untergrund aufzubauen. Sie umreißt auch die Konturen des zu erwartenden Krieges, der nach Ansicht der heutigen Strategen in Kiew – ich zitiere ab hier – „mit Hilfe der internationalen Gemeinschaft zu für die Ukraine günstigen Bedingungen“ enden soll. Und auch, wie sich Kiew heute ausdrückt, und ich zitiere auch hier, hören Sie bitte genauer hin „mit der militärischen Unterstützung der internationalen Gemeinschaft in einer geopolitischen Konfrontation mit der Russischen Föderation.“ Im Grunde genommen ist das nichts anderes als die Vorbereitung einer militärischen Aktion gegen unser Land – gegen Russland.
Wir wissen auch, dass es bereits Erklärungen gegeben hat, dass die Ukraine ihre eigenen Atomwaffen entwickeln wird, und das ist keine leere Angeberei. Die Ukraine verfügt über sowjetische Nukleartechnologie und die Mittel zum Einsatz solcher Waffen, darunter Flugzeuge und Tochka-U-Raketen, ebenfalls sowjetischer Bauart, mit einer Reichweite von mehr als 100 Kilometern. Aber die werden sie erhöhen, das ist nur eine Frage der Zeit. Es gibt Know-how aus der Sowjetzeit.
So wird es für die Ukraine viel einfacher sein, in den Besitz taktischer Atomwaffen zu gelangen als für einige andere Staaten – ich will sie jetzt nicht nennen -, die solche Entwicklungen tatsächlich durchführen, vor allem, wenn sie technologische Unterstützung aus dem Ausland erhält. Und auch das dürfen wir nicht ausschließen.
Wenn die Ukraine in den Besitz von Massenvernichtungswaffen kommt, wird sich die Lage in der Welt, in Europa, insbesondere für uns, für Russland, dramatisch verändern. Wir können nicht anders als auf diese reale Gefahr zu reagieren, vor allem darauf, dass die westlichen Schirmherren das Auftauchen solcher Waffen in der Ukraine erleichtern könnten, um eine weitere Bedrohung für unser Land zu schaffen. Wir können sehen, wie hartnäckig das Kiewer Regimes mit Waffen vollgepumpt wird. Allein die Vereinigten Staaten haben seit 2014 Milliarden von Dollar für diesen Zweck bereitgestellt, darunter Waffen, Ausrüstung und Spezialtraining. In den letzten Monaten sind ständig westliche Waffen in die Ukraine geflossen, demonstrativ und vor den Augen der ganzen Welt. Die ukrainischen Streitkräfte und Geheimdienste werden von ausländischen Beratern geführt, das ist uns wohl bekannt.
In den letzten Jahren haben sich Militärkontingente aus NATO-Ländern unter dem Vorwand von Übungen fast ständig auf ukrainischem Gebiet aufgehalten. Das Kommando- und Kontrollsystem der ukrainischen Truppen wurde bereits in die NATO-Truppen integriert. Das bedeutet, dass das Kommando über die ukrainischen Streitkräfte, auch über einzelne Einheiten und Untereinheiten, direkt vom NATO-Hauptquartier aus ausgeübt werden kann.
Die USA und die NATO haben damit begonnen, das ukrainische Territorium schamlos als Schauplatz möglicher Kriege zu erschließen. Die regelmäßigen gemeinsamen Übungen sind eindeutig anti-russisch ausgerichtet. Allein im letzten Jahr waren mehr als 23.000 Soldaten und mehr als tausend Stück Militärtechnik daran beteiligt.
Es wurde bereits ein Gesetz über die Zulassung von Streitkräften aus anderen Ländern auf dem Hoheitsgebiet der Ukraine im Jahr 2022 verabschiedet, um an multinationalen Übungen teilzunehmen. Es ist klar, dass wir in erster Linie über die NATO-Truppen sprechen. Für dieses Jahr sind mindestens zehn solcher gemeinsamen Manöver geplant.
Es liegt auf der Hand, dass solche Ereignisse als Deckmantel für die rasche Aufrüstung des NATO-Militärverbands in der Ukraine dienen. Dies gilt umso mehr, als das mit Hilfe der Amerikaner ausgebaute Netz von Flugplätzen – Boryspil, Iwano-Frankiwsk, Tschugujew, Odessa und so weiter – die Verlegung von Militäreinheiten in kürzester Zeit gewährleisten kann. Der ukrainische Luftraum ist offen für Flüge von amerikanischen strategischen Bombern und Aufklärungsflugzeugen und Drohnen, die zur Überwachung des russischen Territoriums eingesetzt werden.
Ich möchte hinzufügen, dass das von den Amerikanern errichtete Maritime Operations Center in Otschakow es ermöglicht, die Aktionen der NATO-Schiffe zu unterstützen, einschließlich ihres Einsatzes von Präzisionswaffen gegen die russische Schwarzmeerflotte und unsere Infrastruktur an der gesamten Schwarzmeerküste.
Einst wollten die USA ähnliche Einrichtungen auf der Krim errichten, doch die Krimbewohner und die Einwohner von Sewastopol durchkreuzten diese Pläne. Daran werden wir uns immer erinnern.
Ich wiederhole, heute wird ein solches Zentrum eingerichtet, es wurde bereits in Otschakow eingerichtet. Ich möchte Sie daran erinnern, dass im 18. Jahrhundert Soldaten von Alexander Suworow für diese Stadt gekämpft haben. Ihrem Mut ist es zu verdanken, dass sie ein Teil Russlands wurde. Zur gleichen Zeit, im 18. Jahrhundert, wurden die Schwarzmeerländer, die infolge der Kriege mit dem Osmanischen Reich an Russland angegliedert worden waren, Noworossija genannt. Heute sind diese Meilensteine der Geschichte ebenso in Vergessenheit geraten wie die Namen von Staatsmännern des Russischen Reiches, ohne deren Wirken viele große Städte und sogar der Zugang zum Schwarzen Meer in der modernen Ukraine nicht existieren würden.
Vor kurzem wurde das Denkmal für Alexander Suworow in Poltawa abgerissen. Was soll man dazu sagen? Sie leugnen Ihre eigene Vergangenheit? Aus dem so genannten kolonialen Erbe des russischen Imperiums? Nun, dann seid hier konsequent.
Weiter. Ich möchte darauf hinweisen, dass Artikel 17 der ukrainischen Verfassung die Einrichtung ausländischer Militärstützpunkte auf dem ukrainischen Staatsgebiet nicht zulässt. Es stellte sich jedoch heraus, dass das nur eine Konvention ist, die leicht umgangen werden kann.
Die NATO-Staaten haben Ausbildungsmissionen in die Ukraine entsandt. In der Tat handelt es sich bereits um ausländische Militärstützpunkte. Die nennen die Stützpunkte einfach „Mission“ und sie ist eingetütet.
Kiew hat seit langem einen strategischen Kurs in Richtung NATO-Mitgliedschaft verkündet. Ja, natürlich hat jedes Land das Recht, sein eigenes Sicherheitssystem zu wählen und Militärbündnisse einzugehen. Und das wäre auch alles so, wenn es nicht ein „aber“ gäbe. In den internationalen Dokumenten ist ausdrücklich der Grundsatz der gleichen und unteilbaren Sicherheit verankert, der bekanntlich die Verpflichtung beinhaltet, die eigene Sicherheit nicht auf Kosten der Sicherheit anderer Staaten zu stärken. Ich kann hier auf die 1999 in Istanbul verabschiedete OSZE-Charta für europäische Sicherheit und die OSZE-Erklärung von Astana 2010 verweisen.
Mit anderen Worten: Die Wahl der Sicherheit darf keine Bedrohung für andere Staaten darstellen und der Beitritt der Ukraine zur NATO ist eine direkte Bedrohung für die Sicherheit Russlands.
Ich erinnere daran, dass die USA im April 2008 auf dem Bukarester Gipfel des Nordatlantischen Bündnisses die Entscheidung durchgesetzt haben, dass die Ukraine und übrigens auch Georgien Mitglieder der NATO werden. Viele europäische Verbündete der USA waren sich bereits aller Risiken einer solchen Perspektive bewusst, mussten sich aber dem Willen ihres Seniorpartners beugen. Die Amerikaner haben sie einfach dazu benutzt, eine eindeutig anti-russische Politik zu verfolgen.
Eine Reihe von Mitgliedstaaten des Bündnisses stehen einem NATO-Beitritt der Ukraine schon jetzt sehr skeptisch gegenüber. Gleichzeitig erhalten wir ein Signal aus einigen europäischen Hauptstädten, das besagt: „Worüber macht ihr euch Sorgen? Es wird nicht buchstäblich morgen passieren.“ Tatsächlich sprechen auch unsere amerikanischen Partner darüber. „Gut“, sagen wir, „nicht morgen, aber übermorgen. Was ändert sich dadurch in der historischen Perspektive? Im Grunde genommen nichts.“
Mehr noch, uns sind der Standpunkt und die Worte der Führung der Vereinigten Staaten bekannt, dass die aktiven Feindseligkeiten in der Ostukraine die Möglichkeit eines NATO-Beitritts dieses Landes nicht ausschließen, wenn es die Kriterien des Nordatlantischen Bündnisses erfüllen und die Korruption besiegen kann.
Dennoch versuchen sie immer wieder, uns davon zu überzeugen, dass die NATO ein friedliebendes und rein defensives Bündnis ist. Sie sagen, dass es keinerlei Bedrohung für Russland gibt. Wieder einmal schlagen sie vor, dass wir uns auf ihr Wort verlassen. Aber wir kennen den wahren Wert dieser Worte. Als 1990 die Frage der deutschen Wiedervereinigung erörtert wurde, wurde der sowjetischen Führung von den Vereinigten Staaten zugesagt, dass die Zuständigkeit und die militärische Präsenz der NATO nicht einen Zoll nach Osten ausgedehnt werden würden. Und dass die deutsche Wiedervereinigung nicht zu einer Ausdehnung der militärischen Organisation der NATO nach Osten führen würde. Das ist ein Zitat.
Sie haben geredet, mündliche Zusicherungen gemacht, und es hat sich alles als leeres Geräusch herausgestellt. Später wurde uns versichert, dass die NATO-Mitgliedschaft der mittel- und osteuropäischen Länder die Beziehungen zu Moskau nur verbessern, diesen Ländern die Angst vor dem schwierigen historischen Erbe nehmen und darüber hinaus einen Gürtel russland-freundlicher Staaten schaffen würde.
Das exakte Gegenteil ist eingetreten. Die Regierungen einiger osteuropäischer Länder, die mit ihrer Russophobie hausieren gingen, brachten ihre Komplexe und Stereotypen über die russische Bedrohung in das Bündnis ein und bestanden auf dem Aufbau kollektiver Verteidigungsfähigkeiten, die in erster Linie gegen Russland eingesetzt werden sollten. Und das geschah in den 1990er und frühen 2000er Jahren, als sich die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen dank der Offenheit und unseres guten Willens auf einem hohen Niveau befanden.
Russland hat alle seine Verpflichtungen erfüllt, einschließlich des Truppenabzugs aus Deutschland und aus den mittel- und osteuropäischen Staaten, und leistete damit einen großen Beitrag zur Überwindung des Erbes des Kalten Krieges. Wir haben stets verschiedene Möglichkeiten der Zusammenarbeit angeboten, auch im Rahmen des NATO-Russland-Rates und der OSZE.
Mehr noch, ich werde jetzt etwas sagen, was ich noch nie öffentlich gesagt habe, ich werde es zum ersten Mal sagen. Im Jahr 2000, als der scheidende US-Präsident Bill Clinton Moskau besuchte, fragte ich ihn: „Was würde Amerika davon halten, Russland in die NATO aufzunehmen?“
Ich werde nicht alle Einzelheiten dieses Gesprächs preisgeben, aber die Reaktion auf meine Frage sah nach außen hin, sagen wir, sehr zurückhaltend aus, und wie die Amerikaner tatsächlich auf diese Möglichkeit reagierten, sieht man an ihren praktischen Schritten gegenüber unserem Land. Dazu gehören die offene Unterstützung von Terroristen im Nordkaukasus, eine ablehnende Haltung gegenüber unseren Forderungen und Sicherheitsbedenken im Bereich der NATO-Erweiterung, der Ausstieg aus dem ABM-Vertrag über das Verbot einer Raketenabwehr und so weiter. Da fragt man sich: Warum? Wozu das alles? Gut, Sie wollen uns nicht als Freund und Verbündeten sehen, aber warum müssen Sie einen Feind aus uns machen?
Es gibt nur eine Antwort: Es liegt nicht an unserem politischen Regime oder an etwas anderem, sie brauchen einfach kein so großes unabhängiges Land wie Russland. Das ist die Antwort auf alle Fragen. Sie ist die Quelle der traditionellen amerikanischen Russlandpolitik. Daher auch die Einstellung zu allen unseren Sicherheitsvorschlägen.
Heute genügt ein Blick auf die Landkarte, um zu sehen, wie die westlichen Staaten ihr Versprechen, die NATO nicht nach Osten auszudehnen, „eingehalten“ haben. Sie haben uns einfach betrogen. Wir haben fünf Erweiterungswellen der NATO erlebt, eine nach der anderen. Im Jahr 1999 wurden Polen, die Tschechische Republik und Ungarn in das Bündnis aufgenommen. 2004 Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Rumänien, die Slowakei und Slowenien. 2009 Albanien und Kroatien. 2017 Montenegro und 2020 Nordmazedonien.
Im Ergebnis ist das Bündnis mit seiner militärischen Infrastruktur direkt an die Grenzen Russlands gekommen. Das war eine der Hauptursachen für die Euro-Sicherheitskrise und hat sich sehr negativ auf das gesamte System der internationalen Beziehungen ausgewirkt und zu dem Verlust des gegenseitigen Vertrauens geführt.
Die Lage verschlechtert sich weiter, auch im strategischen Bereich. So werden beispielsweise in Rumänien und Polen im Rahmen des US-Projekts zur globalen Raketenabwehr Stellungen für Raketenabwehrraketen eingerichtet. Es ist bekannt, dass die dort platzierten Abschussrampen für Tomahawk-Marschflugkörper, also für offensive Angriffssysteme, verwendet werden können. (Anm. d. Übers.: Details dazu finden Sie hier)
Darüber hinaus entwickeln die USA die universelle Standard-6-Rakete, die nicht nur die Probleme der Luft- und Raketenabwehr löst, sondern auch See- und Landziele treffen kann. Mit anderen Worten: Das vermeintlich defensive US-Raketenabwehrsystem wird erweitert und es entstehen neue offensive Fähigkeiten.
Die uns vorliegenden Informationen geben uns allen Grund zu der Annahme, dass der Beitritt der Ukraine zur NATO und die anschließende Stationierung von NATO-Einrichtungen in diesem Land eine ausgemachte Sache sind; es ist nur eine Frage der Zeit. Uns ist klar, dass in einem solchen Szenario die militärische Bedrohung Russlands um ein Vielfaches zunehmen wird. Und ich weise besonders darauf hin, dass die Gefahr eines Überraschungsangriffs auf unser Land um ein Vielfaches steigen wird.
Ich möchte klarstellen, dass die amerikanischen strategischen Planungsdokumente – es sind offiziellen Dokumente! – die Möglichkeit eines so genannten Präventivschlags gegen feindliche Raketensysteme vorsehen. Und wir wissen auch, wer der Hauptgegner der USA und der NATO ist. Es ist Russland. In den NATO-Dokumenten wird unser Land offiziell direkt zur Hauptbedrohung der euro-atlantischen Sicherheit erklärt. Und die Ukraine wird als Sprungbrett für einen solchen Schlag dienen. Wenn unsere Vorfahren das hören würden, würden sie es wahrscheinlich nicht glauben. Und wir wollen es heute nicht glauben, aber es ist wahr. Ich möchte, dass das sowohl in Russland als auch in der Ukraine verstanden wird.
Viele ukrainische Flugplätze liegen in der Nähe unserer Grenzen. Die hier stationierten taktischen NATO-Flugzeuge, darunter auch hochpräzise Waffenträger, werden in der Lage sein, unser Gebiet bis zur Linie Wolgograd – Kasan – Samara – Astrachan zu treffen. Die Stationierung von Radaraufklärungsgeräten auf ukrainischem Gebiet wird es der NATO ermöglichen, den russischen Luftraum bis zum Ural streng zu kontrollieren.
Nachdem die Vereinigten Staaten den Vertrag über Kurz- und Mittelstreckenraketen gebrochen haben, entwickelt das Pentagon bereits offen eine Reihe von bodengestützten Angriffswaffen, darunter ballistische Raketen, die Ziele in einer Entfernung von bis zu 5.500 Kilometern erreichen können. Wenn solche Systeme in der Ukraine eingesetzt werden, können sie Ziele im gesamten europäischen Gebiet Russlands sowie jenseits des Urals treffen. Tomahawk-Marschflugkörper bräuchten weniger als 35 Minuten, um Moskau zu erreichen, 7 bis 8 Minuten für ballistische Raketen aus der Region Charkow und 4 bis 5 Minuten für Hyperschallraketen. Das nennt man, das Messer an der Kehle zu haben. Und ich habe keinen Zweifel daran, dass sie diese Pläne genauso umsetzen werden, wie sie es in den vergangenen Jahren immer wieder getan haben, indem sie die NATO nach Osten ausdehnen und militärische Infrastruktur und Ausrüstung an die russischen Grenzen verlagern, wobei sie unsere Bedenken, Proteste und Warnungen völlig ignorieren. Nach dem Motto: Entschuldigen Sie, die sind uns wurscht und wir tun, was immer wir wollen, was immer wir für richtig halten.
Und natürlich wird auch erwartet, dass wir uns weiterhin gemäß dem bekannten Sprichwort verhalten: „Der Hund bellt, aber die Karawane zieht weiter.“ Ich sage sofort, dass wir dem nicht zugestimmt haben und niemals zustimmen werden. Gleichzeitig war und ist Russland immer dafür, die komplexesten Probleme mit politischen und diplomatischen Mitteln am Verhandlungstisch zu lösen.
Wir sind uns unserer großen Verantwortung für die regionale und globale Stabilität bewusst. Bereits 2008 hat Russland eine Initiative zum Abschluss eines Europäischen Sicherheitsvertrags vorgelegt. Die Kernaussage war, dass kein Staat und keine internationale Organisation im euro-atlantischen Raum seine Sicherheit auf Kosten der Sicherheit anderer stärken kann. Unser Vorschlag wurde jedoch von Anfang an abgelehnt: Man konnte nicht zulassen, dass Russland die Aktivitäten der NATO einschränkt.
Mehr noch: Uns wurde ausdrücklich gesagt, dass nur Mitglieder des Nordatlantischen Bündnisses rechtsverbindliche Sicherheitsgarantien haben können.
Im vergangenen Dezember haben wir unseren westlichen Partnern den Entwurf eines Vertrags zwischen der Russischen Föderation und den Vereinigten Staaten von Amerika über Sicherheitsgarantien sowie den Entwurf eines Abkommens über Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit der Russischen Föderation und der NATO-Mitgliedstaaten übermittelt.
Die Antwort der Vereinigten Staaten und der NATO bestand aus vielen gemeinsamen Worten. Es gab zwar einige vernünftige Punkte, doch ging es dabei um zweitrangige Themen, und es sah aus wie ein Versuch, die Diskussion in eine andere Richtung abzulenken.
Wir haben dementsprechend geantwortet und betont, dass wir bereit sind, den Weg der Verhandlungen zu gehen, allerdings unter der Bedingung, dass alle Fragen als Paket, als Ganzes betrachtet werden, ohne sie von den grundlegenden russischen Vorschlägen zu trennen. Und diese enthalten drei wichtige Punkte. Der erste ist die Verhinderung einer weiteren NATO-Erweiterung. Der zweite ist die Weigerung, dem Bündnis die Stationierung von Angriffswaffensystemen an den Grenzen Russlands zu gestatten. Und schließlich die Rückführung der militärischen Fähigkeiten und der Infrastruktur des Blocks in Europa auf den Stand von 1997, als die NATO-Russland-Grundakte unterzeichnet wurde.
Genau diese unsere prinzipiellen Vorschläge wurden ignoriert. Unsere westlichen Partner haben, ich wiederhole es, wieder einmal die abgedroschene Formulierung geäußert, dass jeder Staat das Recht hat, frei zu entscheiden, wie er seine Sicherheit gewährleistet und sich beliebigen Militärbündnissen und Allianzen anschließen kann. Mit anderen Worten: An ihrem Standpunkt hat sich nichts geändert und es wird immer wieder auf die berüchtigte „Politik der offenen Tür“ der NATO verwiesen. Außerdem versuchen sie, uns erneut zu erpressen, indem sie uns erneut mit Sanktionen drohen, die sie übrigens sowieso in dem Maße verhängen werden, in dem Russlands Souveränität und die Macht unserer Streitkräfte zunehmen. Und ein Vorwand für einen weiteren Sanktionsangriff wird immer gefunden oder einfach erfunden, unabhängig von der Lage in der Ukraine. Das Ziel ist das gleiche – die Entwicklung Russlands zu unterdrücken. Und sie werden es tun, wie sie es schon früher getan haben, sogar ohne jeglichen formalen Vorwand, weil wir unsere Souveränität, unsere nationalen Interessen und unsere Werte niemals gefährden werden.
Ich möchte klar und deutlich sagen, dass Russland in der gegenwärtigen Situation, in der unsere Vorschläge für einen gleichberechtigten Dialog über grundsätzliche Fragen von den Vereinigten Staaten und der NATO praktisch unbeantwortet geblieben sind, in der das Ausmaß der Bedrohungen für unser Land erheblich zunimmt, jedes Recht hat, Gegenmaßnahmen zu ergreifen, um seine eigene Sicherheit zu gewährleisten. Genau das werden wir tun.
Was die Lage im Donbass betrifft, so sehen wir, dass die Führungsspitze in Kiew ständig öffentlich erklärt, dass sie nicht bereit ist, das Minsker Maßnahmenpaket zur Beilegung des Konflikts umzusetzen, und dass sie nicht an einer friedlichen Lösung interessiert ist. Im Gegenteil, sie versuchen erneut, einen Blitzkrieg im Donbass zu organisieren, wie sie es bereits 2014 und 2015 getan haben. Wir erinnern uns noch, wie diese Abenteuer damals endeten.
Jetzt vergeht praktisch kein Tag mehr, an dem nicht Städte und Dörfer im Donbass beschossen werden. Eine große Gruppe von Truppen setzt ständig Angriffsdrohnen, schweres Gerät, Raketen, Artillerie und Mehrfachraketenerfer ein. Die Tötung von Zivilisten, die Blockade, die Misshandlung von Menschen, einschließlich Kindern, Frauen und älteren Menschen, geht unvermindert weiter. Ein Ende ist nicht in Sicht.
Und die sogenannte zivilisierte Welt, zu deren einzigen Vertretern sich unsere westlichen Kollegen selbst ernannt haben, zieht es vor, das nicht zur Kenntnis zu nehmen, als gäbe es diesen ganzen Horror, den Genozid, dem fast 4 Millionen Menschen ausgesetzt sind, nicht, und das nur, weil diese Menschen mit dem vom Westen unterstützten Putsch in der Ukraine im Jahr 2014 nicht einverstanden waren und sich der gesteigerten staatlichen Bewegung hin zu einem höhlenartigen und aggressiven Nationalismus und Neonazismus widersetzten. Und sie kämpfen für ihre elementaren Rechte: in ihrem eigenen Land zu leben, ihre eigene Sprache zu sprechen, ihre Kultur und Traditionen zu bewahren.
Wie lange kann diese Tragödie noch andauern? Wie lange können wir das noch ertragen? Russland hat alles getan, um die territoriale Integrität der Ukraine zu wahren, und hat all die Jahre hart und geduldig für die Umsetzung der Resolution 2202 des UN-Sicherheitsrats vom 17. Februar 2015 gekämpft, in der das Minsker Abkommen vom 12. Februar 2015 zur Lösung der Lage im Donbass verankert ist.
Alles umsonst. Präsidenten und Abgeordnete der Rada wechseln, aber das Wesen und der aggressive, nationalistische Charakter des Regimes, das in Kiew die Macht übernommen hat, ändert sich nicht. Er ist ausschließlich ein Produkt des Staatsstreichs von 2014 und diejenigen, die den Weg der Gewalt, des Blutvergießens und der Gesetzlosigkeit eingeschlagen haben, haben keine andere Lösung für die Donbass-Frage als eine militärische anerkannt und werden dies auch in Zukunft nicht tun.
In diesem Zusammenhang halte ich es für notwendig, eine längst überfällige Entscheidung zu treffen: die Unabhängigkeit und Souveränität der Volksrepublik Donezk und der Volksrepublik Lugansk unverzüglich anzuerkennen.
Ich bitte die Bundesversammlung der Russischen Föderation, diese Entscheidung zu unterstützen und dann die Verträge über Freundschaft und gegenseitigen Beistand mit beiden Republiken zu ratifizieren. Diese beiden Dokumente werden in naher Zukunft ausgearbeitet und unterzeichnet.
Und von denen, die in Kiew die Macht übernommen haben und halten, fordern wir die sofortige Einstellung der Feindseligkeiten. Andernfalls wird die Verantwortung für die mögliche Fortsetzung des Blutvergießens ausschließlich auf dem Gewissen des Regimes lasten, das das Gebiet der Ukraine regiert.
Bei der Bekanntgabe der heute gefassten Beschlüsse vertraue ich auf die Unterstützung der Bürger Russlands und aller patriotischen Kräfte des Landes.